Zwischen Villen, Mietskasernen, Parks und Prachtbauten
Résumés
En raison de la croissance rapide de la population et de l’économie de nombreuses villes de l’Empire allemand, des extensions urbaines sont devenues nécessaires au tournant du xixe au xxe siècle. Cependant, cela a souvent impliqué initialement la suppression d’installations militaires fortifiées. Bien que cela soit fréquemment mentionné et décrit dans des ouvrages sur l’histoire urbaine, moins d’attention a été accordée à la mise en œuvre pratique de ces décisions et aux conflits qui ont émergé entre les différentes parties prenantes. Cet article se concentre sur le processus de la deuxième expansion urbaine à Poznań, depuis les premiers plans jusqu’à la fin de l’appartenance de la ville à la Prusse en 1918, dans le contexte d’autres extensions urbaines dans l’Empire allemand. L’article s’appuie principalement sur les archives quasiment intactes mais largement inexploitées du service de la construction de la ville de Poznań, actuellement conservées aux Archives d’État locales. Les documents propres à la Commission royale chargée de l’extension urbaine de Poznań, responsable de la mise en œuvre de l’extension depuis 1904, doivent probablement être considérés comme perdus. De plus, des documents provenant des autorités prussiennes et impériales impliquées, actuellement conservés aux Archives secrètes d’État à Berlin et aux Archives fédérales à Berlin-Lichterfelde, ont été consultés. Le fonds de Josef Stübben, le président de la Commission d’extension urbaine, conservé aux Archives municipales de Cologne, a également été utilisé, ainsi que des publications de la presse locale. L’article aborde des questions telles que : Qui étaient les acteurs impliqués ? Quels conflits ont surgi entre eux, et quelles tentatives ont été faites pour les résoudre ? Comment l’extension urbaine a-t-elle été financée, et comment les changements ont-ils été évalués par la presse ? La thèse avancée est que la collaboration entre la mairie et la Commission d’extension urbaine était marquée par des conflits, entraînant de nombreux retards. De plus, l’article explore le contexte de la genèse du quartier du Château impérial, appelé le Kaiserforum, son histoire de réception et le rôle des différents acteurs, notamment de l’Empereur, en les comparant avec la genèse du quartier de la gare de Metz.
Plan
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Dieser Beitrag hat sehr durch die aufmerksame Lektüre und die Hinweise von Prof. Dr. Rafał Makała (Universität Gdańsk/Danzig) gewonnen, dem Autor und Herausgeber herzlich danken.
- 1 Die erste Stadterweiterung unter preußischer Herrschaft fand zu Beginn des 19. Jahrhunderts statt, (...)
1Die baulichen Erweiterungen der Städte im Deutschen Reich an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert werden in vielen Werken zur Stadtgeschichte zwar häufig erwähnt, weniger untersucht wurde hingegen die praktische Umsetzung dieser Beschlüsse und die Konflikte, die sich dabei zwischen den unterschiedlichen beteiligten Akteuren ergaben. Im vorliegenden Beitrag soll der Prozess der zweiten Stadterweiterung1 in Posen (Abb. 1) von den Planungen bis zum Ende der Zugehörigkeit der Stadt zu Preußen 1918 vor dem Hintergrund anderer Stadterweiterungen in den Grenzgebieten des Deutschen Reichs, konkret Straßburg und Metz, beschrieben werden. Durch die Präsenz eines auf die kaiserliche Autorität ausgerichteten Raums stellen diese Städte eher Sonderfälle dar, fordern jedoch gerade deswegen zum Vergleich auf. Beantwortet werden sollen Fragen wie: Welche Akteure waren beteiligt, welche Konflikte gab es zwischen ihnen und welche Versuche zu deren Lösung, wie wurde die Stadterweiterung finanziert und wie wurde die Veränderungen von der Presse beurteilt?
Abb. 1. Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen, Plakat über „verkäufliche Grundstücke“, 1909. Zu erkennen ist, dass der zum sogenannten „Kaiserforum“ zählende Block XIII am Königsring zur privaten Bebauung angeboten wird (60 Mark pro qm).
Quelle: Wirtualne Muzeum Historii Poznania, CYRYL, cyryl.poznan.pl/kolekcja/najstarsze-plany-poznania-do-1938-roku-archiwum-panstwowe-w-poznaniu/ (public domain).
- 2 Hermann Joseph Stübben, auch (Hermann) Joseph/Josef Stübben (Hülchrath/Grevenbroich, 1845 – Frankf (...)
- 3 An relevanten Archiven und Quellenbeständen sind zu nennen: Archiwum Państwowe w Poznaniu (Staatsa (...)
2Hinsichtlich der Quellen stützt sich der Beitrag vor allem auf die fast vollständig erhaltene Überlieferung der Bauabteilung des Magistrats der Stadt Posen, die sich heute im dortigen Staatsarchiv (Archiwum Państwowe w Poznaniu) befindet. Die direkte Überlieferung der seit 1904 mit der praktischen Umsetzung der Stadterweiterung betrauten Kommission, die dem preußischen Finanzministerium unterstellt und in Posen ansässig war, muss wahrscheinlich als verloren angesehen werden. Herangezogen wurden jedoch einzelne Akten aus den involvierten preußischen und Reichsbehörden, die sich heute im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin und im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde befinden sowie der Nachlass von Josef Stübben2, des Vorsitzenden der Königlichen Kommission für die Stadterweiterung zu Posen, der sich im Stadtarchiv Köln befindet3.
- 4 Moritz Jaffé, Die Stadt Posen und preußischer Herrschaft. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen (...)
- 5 Bernhard Franke (Hg.), Die Residenzstadt Posen und ihre Verwaltung im Jahre 1911 (im Auftrage des (...)
- 6 Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten in der Stadt Posen, Posen, (...)
3Als Publikationen mit Quellencharakter sind zu nennen das 1909 erschienene Werk Die Stadt Posen unter preußischer Herrschaft4 von Moritz Jaffé sowie der aus Anlass der ersten Ostdeutschen Ausstellung für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft im Auftrag der Stadt herausgegebene Band Die Residenzstadt Posen und ihre Verwaltung im Jahre 19115. Beide Werke beruhen auf den Magistratsakten und enthalten umfangreiche statistische Angaben zur Stadtentwicklung sowie zur damaligen Kommunalpolitik, insbesondere ihren finanz-, steuer- und sozialpolitischen Implikationen. Als Quelle zu nennen sind zudem die jährlichen Verwaltungsberichte der Stadtverwaltung von Posen6.
- 7 Zu nennen sind vor allem die Arbeiten von Jan Skuratowicz, Architektura Poznania 1890-1918, Posen, (...)
- 8 Hanna Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben. Städtebau und Wohnungsreform in Posen in der erste (...)
- 9 Grażyna Kodym-Kozaczko, Przestrzeń, ludzie, idee. Urbanistyka Poznania w xx wieku, Posen, Wydzia (...)
- 10 Piotr Szczepan Kisiel, Politics of Space in Prussian and Austrian-Hungarian Cities, Marburg, Verla (...)
- 11 Siehe S. 25-55: Igor Kąkolewski, „Die Schaffung von städtischen Erinnerungslandkarten in Ostmittel (...)
4In der Fachliteratur lag der Fokus bisher vor allem auf der Gestaltung und Bebauung des Areals rund um das Kaiserschloss, das auf dem „Stübben-Plan“ in mehrere Baufelder unterteilt ist. Insbesondere in der polnischen Forschung7 wird es als „Kaiserviertel“ oder „Kaiserforum“ bezeichnet und ist vor allem in seiner symbolpolitischen Bedeutung und architektonischen Ausführung beschrieben worden. Die praktische Durchführung der Stadterweiterung und das Verhältnis von Magistrat und Stadterweiterungskommission, wie es sich in den erhaltenen Quellen darstellt, sind jedoch kaum untersucht wurde. Eine gewisse Ausnahme bildet hier Hanna Grzeszczuk-Brendel, deren Werk zu Städte- und Wohnungsbau in Posen von 2012 seit 2018 auch auf Deutsch8 vorliegt. Zu nennen ist weiterhin die Arbeit von Grażyna Kodym-Kozaczko zum Städtebau Posens im 20. Jahrhundert9, die jedoch gänzlich ohne Auswertung der Magistratsakten auskommt, sowie die in vergleichender Perspektive die „Raumpolitik“ in Preußen und Österreich-Ungarn betrachtende Arbeit von Piotr S. Kisiel10, die auch die Stadtentwicklung in Posen berücksichtigt, insbesondere hinsichtlich der Errichtung von Denkmalen und Kulturbauten. Straßennamen, Denkmalen und „Erinnerungslandkarten“ ist auch der Beitrag von Igor Kąkolewski11 in diesem Band gewidmet.
- 12 Oliver Karnau, Hermann Josef Stübben. Städtebau 1876-1930, Braunschweig/Wiesbaden, Vieweg und Sohn (...)
- 13 Peter Dragsbo, Arkitektur til grænsen. Arkitektur og nation i europæiske grænselande 1850-1940, Sø (...)
- 14 Ausstellung in der Raczyński-Bibliothek in Posen vom 20. August bis zum 27. Oktober 2022, online u (...)
- 15 Dazu Alexandre Kostka (im Namen der Forschergruppe), „Affinités impériales, Strasbourg/Poznań. Con (...)
5In der deutschsprachigen Forschung hat Oliver Karnau in seiner Biografie über Stübben12 und den Städtebau auch die Stadterweiterung in Posen behandelt. Peter Dragsbo liefert in seiner Betrachtung des Beziehungsfeldes zwischen Architektur und Nation in den Grenzräumen des wilhelminischen Kaiserreiches einige der bisher wenigen Vergleiche der Stadterweiterungen von Posen und Straßburg, während Johannes Dahm auf ihre Wahrnehmung bis heute eingeht13. 2022 kam, ebenfalls in vergleichender Perspektive, der Begleitband zur Ausstellung Poznań – Strasbourg. From Imperial to European Affinities14 hinzu. Der vorliegende Beitrag und die dafür nötigen umfangreichen Archivrecherchen sind im Rahmen des von der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung geförderten Forschungsprojekts „Imperiale Verwandtschaften: Die Städte Straßburg und Posen und ihr ungewolltes deutsches Kulturerbe“ zustande gekommen15.
Die Ausgangslage
6Posen war im Zuge der Teilungen Polens 1793 an Preußen gefallen und blieb – mit kurzer Unterbrechung – bis zum Ende des Ersten Weltkriegs eine preußische Stadt mit polnischem, deutschen und jüdischen Bevölkerungsanteil. Anschließend wurde die Hauptstadt der Region Großpolen Teil des neu gegründeten polnischen Staates. Aufgrund ihrer Lage an der östlichen Grenze Preußens und ab 1871 des Deutschen Reiches wurde die Stadt im 19. Jahrhundert zur Festung ausgebaut, was die Ausdehnung und Entwicklung der Stadt zunehmend behinderte. Die Festungsanlagen waren nicht nur als Riegel für eine etwaige russische Invasion errichtet worden, sondern sollten auch jegliche polnische Revolte unmöglich machen.
7Um überhaupt eine Stadterweiterung vornehmen zu können und Wohnraum für die wachsende Bevölkerung zu schaffen, mussten zunächst bisher eigenständige Vororte in die Stadt eingemeindet werden und sodann das bisherige und nun wegen des militärtechnischen Fortschritts nicht mehr benötigte Festungsgelände vom Militär erworben und niedergelegt werden. Erst nach Erfüllung dieser beiden Bedingungen konnte die eigentliche Stadterweiterung durch Erlass einer neuen Bauordnung und Beschluss eines Bebauungsplanes in Angriff genommen werden, wobei die Finanzierung der vielfältigen dadurch entstehenden Aufgaben stets der kritische Punkt blieb.
- 16 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 367.
- 17 Zu den heftigen Diskussionen um die Finanzierung der Stadterweiterung in Straßburg vgl. etwa die E (...)
8Die Eingliederung der Vororte Jersitz/Jeżyce, Wilda und St. Lazarus/Łazarz erfolgte zu Beginn des Jahres 1900. Das Stadtareal vergrößerte sich damit um mehr als das Dreifache, die Einwohnerzahl von 73.239 (1895) auf 117.033 (Ende 1900), die Zahl der Stadtverordneten wurde von 36 auf 60 erhöht, die der unbesoldeten Magistratsmitglieder von acht auf zwölf16. Wesentlich schwieriger als die Eingemeindung gestaltete sich die Übernahme des bisherigen Festungsgeländes vom preußischen Militär. Die Verhandlungen zogen sich über viele Jahre hin und scheiterten zunächst an der geforderten Kaufsumme von 12 Millionen Reichsmark, die die Stadt völlig überforderte. Schließlich sprang in der verfahrenen Situation der preußische Staat selbst als Käufer ein und erwarb über einen Kredit von der Reichskasse das Festungsgelände und damit auch erhebliche Mitspracherechte bei der Gestaltung der Stadterweiterung. Der Umstand, dass der Staat als Käufer fungierte, bildete den großen Unterschied etwa zur Stadterweiterung in Straßburg, wo die Stadt selbst als Käuferin mit all den daraus resultierenden Belastungen auftrat17.
- 18 Zum Inhalt des sogenannten Entfestigungsvertrages vgl. M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 375 (...)
- 19 Anordnungen und Korrespondenz zu Bildung, Besetzung und Aufgaben der Stadterweiterungskommission f (...)
9In Posen wurde im März 1904 ein Vertrag zwischen der Stadt und dem preußischen Fiskus geschlossen, in dem sich die Stadt verpflichtete, einen Bebauungsplan aufzustellen, der vom Finanzministerium zu genehmigen war. Weiterhin verpflichte sich die Stadt zur Zahlung von einer Million Reichsmark zum Grunderwerb und zur Geländeerschließung. Die Straßenanlage sollte der Fiskus bezahlen, die Kosten für die nötigen Infrastrukturmaßnahmen wurden aufgeteilt. Der Vertrag erfuhr in der Folge mehrere Nachträge, da sich im Zuge der Stadterweiterung immer wieder neue Aufgaben ergaben18. Das Finanzministerium schuf zur Erfüllung seiner Aufgaben noch im März 1904 die Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen, die ihm unterstand und an deren Besetzung und Arbeit die Stadt nicht beteiligt war. Die Kommission hatte über den Oberpräsidenten der Provinz Posen regelmäßig an das Finanzministerium zu berichten. Den Vorsitz übernahm auf Vorschlag und Anordnung des Finanzministers der Geheime Baurat Josef Stübben, an seine Seite trat der Regierungsrat im Finanzministerium August Engelhardt. Sitz der Kommission war Posen19.
- 20 Straßburg gehörte anders als Posen nicht zu Preußen, sondern zum Deutschen Reich und hatte schon d (...)
- 21 B. Franke, Die Residenzstadt (Anm. 5), S. 115.
10Stübben war in Posen kein Unbekannter, denn er hatte bereits wesentlich an der neuen Bauordnung für Posen, die 1903 in Kraft trat, mitgewirkt. Auch der vom Finanzministerium genehmigte Stadterweiterungsplan stammte von ihm. Anders jedoch als etwa in Straßburg 25 Jahre zuvor20 wurden für die Stadterweiterung keine konkurrierenden Pläne eingeholt und diskutiert, was zunehmend zu Konflikten zwischen Stadt und Kommission bei der Umsetzung sowohl der Bauordnung als auch des Bebauungsplans führte. Ein Stadtrat stellte 1911 rückblickend nüchtern fest: „Viele Schwierigkeiten hat die Ausführung des zwischen dem preußischen Staat und der Stadt abgeschlossenen Entfestigungsvertrages gebracht“21. Diese Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen sollen in der Folge beschrieben werden.
Wohnraum schaffen – Quantität gegen Qualität?
11Im Zuge der Eingemeindungen wurde deutlich, dass die von 1877 stammende Bauordnung dringend erneuert werden musste. Mit einem entsprechenden Entwurf wurde Ende 1902 der zu dieser Zeit noch in Köln tätige Stübben von der Stadt beauftragt. Entscheidender Konfliktpunkt dieser Bauordnung waren die vier Bauklassen, die die maximal zulässige Höhe der zu errichtenden Gebäude und die Anzahl der Wohngeschosse bestimmten. Während Bauklasse I fünf Stockwerke zuließ, waren es in der Bauklasse II vier Geschosse, in Bauklasse III drei und in Bauklasse IV nur zwei Geschosse, jeweils noch unterschieden nach offener und geschlossener Bauweise. Entscheidend war nun die Zuordnung der Bauklassen zu den Bezirken, die sogenannte Bezirkseinteilung der Stadt. Stübben wollte möglichst wenig Mietskasernen in den neu zu bebauenden Gebieten, weshalb er auch für an die Innenstadt angrenzende Gebiete die Bauklassen III und IV vorsah. Er ließ sich nach seinen eigenen Worten von dem Bestreben leiten,
- 22 Zitiert nach M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
„den städtischen Anbau mannigfaltiger zu gestalten, gesundheitliche Fortschritte zu erzielen und an Stelle der Mietkaserne das Ein- und Zweifamilienhaus für den Mittelstand, das kleine Haus für die minder bemittelten Volksschichten zu begünstigen“22.
Die Diskussion über dieses Vorgehen schlug in der deutschsprachigen Presse hohe Wellen, zumal die Beratungen darüber ohne Beteiligung der Öffentlichkeit stattfanden. Da sich ein Großteil des zu bebauenden Gebietes, insbesondere in den ehemaligen Vorstädten, bereits in privater Hand befand, sahen die Grundstücksbesitzer nun ihre Hoffnungen auf Gewinne schwinden, was zu großer Besorgnis führte. Beispielhaft dafür ist etwa ein Schreiben an den Magistrat vom 15. Dezember 1902, das u. a. von einem der reichsten Posener Bürger, Adolph Alport, unterzeichnet worden war. Darin heißt es:
- 23 Adolph Alport u. a. an den Magistrat der Stadt Posen, 15.12.1902, APP, AMP, 4308, Bl. 444.
„Wie wir soeben erfahren, ist das Terrain von der Thiergartenstrasse [heute Zwierzyniecka] bis zur Posenerstrasse [heute Poznańska], also die ganze Hohenzollernstrasse [heute Mickiewicza], als Villenterrain vorgesehen. Es dürfte dem Magistrat aber nicht unbekannt sein, dass gerade diese Terrains, welche an die Altstadt Posen grenzen, zum Theil zu sehr hohem Preise aufgekauft und bezahlt worden sind. […] Wenn hingegen der Magistrat nun gestatten sollte, dass die Terrains mit Villen bebaut würden, zu denen in Posen die Miether fehlen, dann müsste […] der qm zu einem sehr billigen Preise erhältlich sein. Die Terrains erführen dadurch eine collosale Entwerthung und die Folge wäre, dass den Besitzern die auf den Grundstücken ruhenden Hypotheken gekündigt würden und einzelnen der Ruin bevorstände. […] Den Magistrat bitten wir daher ganz ergebenst, in Erwägung ziehen zu wollen und zu beschliessen, dass jene Terrains die weitestgehende Bauerlaubniss gestattet würde […]“23.
12Der Tenor in der deutschsprachigen Tagespresse, deren Berichte zur Bauordnung im Magistrat penibel gesammelt wurden, war sehr ähnlich. Mit Blick darauf, dass Stübben zu der Zeit noch in Köln tätig war, wurde darauf hingewiesen, dass die Bauordnung in Köln wesentlich weniger streng formuliert wäre, was die Ansprüche an die nötige Infrastruktur und Bauvorgaben anginge, obgleich die Stadt sehr viel reicher sei als Posen. Spöttisch wurde dazu die Millionärszahl der Stadt am Rhein angeführt:
- 24 O. A., „Eingesandt“, Posener Neueste Nachrichten, 11.01.1903.
„In Köln sollen einem on dit zufolge allein 300 Millionäre wohnen; bei uns soll die Zahl derer, welche von einem Einkommen von 12.000 M. und mehr besteuert werden, 210 betragen. Von diesen haben viele als höhere Beamte Dienstwohnungen“24.
- 25 Hanna Grzeszczuk-Brendel, „Das Villen-Mietshaus in Posen. Eine neue Vorstellung von Wohnung und St (...)
13Letztlich gab es wohl einen Kompromiss, die erwähnte Hohenzollernstraße erhielt dennoch nicht die Bauklasse I sondern III und wurde zum Mittelpunkt eines als wohlhabend angesehenen Stadtbezirks, mit einer Bebauung, die Hanna Grzeszczuk-Brendel als „Villen-Mietshäuser“ charakterisiert hat: „Dreistöckige Häuser mit abwechslungsreichen Baukörper [sic] und schlichten Zierelementen. Zu ihnen gehörten Vorgärten, die an die baumgesäumte Straße grenzten“25. Moritz Jaffé, der später selbst in die Hohenzollernstraße zog und als Mitglied der vermögenden Oberschicht angesehen werden muss, urteilte 1909 dennoch:
- 26 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
„In die Bauordnung schlichen sich zum Leidwesen ihres geistigen Urhebers genug Klauseln und Ausnahmen ein, die es möglich machten, daß manche Unternehmer recht trauriger Art in den für landhausmäßige Bebauung vorgesehenen Quartieren nichts anderes als eben die verpönten Mietskasernen errichteten“26.
- 27 Tatsächlich berichten die führenden polnischen Tageszeitungen Dziennik Poznański und Kurier Poznań (...)
Mietskasernen gab es jedoch vor allem in den ärmeren südöstlichen Stadtbezirken wie Wilda, die polnisch geprägt waren, während in den westlichen Vierteln und den Villenkolonien vornehmlich die zunehmende deutsche Beamtenschaft residieren sollte. Auffällig ist, dass in den polnischen Tageszeitungen27 nicht über die Diskussion der Bauordnung und die damit verbunden Probleme berichtet wurde. Dies korrespondiert mit der Beobachtung Jaffés, dass die polnische Bevölkerung der Stadt zu dieser Zeit an Kommunalpolitik wenig interessiert gewesen sei, obwohl diese natürlich auch sie beträfe, etwa im Baubereich. Allerdings handelt es sich wohlgemerkt um die Stimme eines Repräsentanten der sich mit den preußischen Interessen solidarisch fühlenden Oberschicht.
- 28 M. Jaffé, Die Stadt Posen, S. 311 f. (Anm. 4); H. Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben (Anm. 8 (...)
14Nach Grzeszczuk-Brendel, die sich auf Skuratowicz bezieht, seien die nationalen Unterschiede „auch im Verhältnis von privaten Investoren zu den Bauausführenden“ tatsächlich weniger bemerkbar gewesen, „obgleich polnische Eigentümer eher polnische Architekten und Baumeister beschäftigten und deutsche Firmen und Investoren Aufträge vor allem an Deutsche vergaben“. Um die Jahrhundertwende seien sechs von den in Posen tätigen Baufirmen von polnischen, sechzehn von deutschen Inhabern geführt worden, „in allen waren mehrheitlich polnische Arbeiter beschäftigt“28.
- 29 H. Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben (Anm. 8), S. 119.
15Für die Stadterweiterung selbst hatte der Magistrat einen Plan von Baustadtrat Heinrich Grüder erstellen lassen, der 1900 in modernisierter Form vorlag, jedoch nicht den Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, Verkehr und Schönheit gerecht wurde. Letztlich wurden darin „Reformideen in konservativem Gewand umgesetzt“29. Stübben überarbeitet daher den Plan grundlegend und führt in seinem Erläuterungsbericht vom 20. Januar 1903 dazu aus:
- 30 Erläuterungsbericht von J. Stübben, 20.01.1903, BAB-Lichterfelde, R 2, 40.154, Fiche 2.
„Die Wirtschaftlichkeit verlangt eine Mehrgewinnung gut gestalteter Bauplätze und eine solche Anordnung derselben, daß günstige Verkehrslage und angenehme Umgebung nach Möglichkeit die Verkaufsfähigkeit und den Verkaufspreis steigern“30.
- 31 Preußischer König an Finanzminister, 03.08.1905, GStA PK, I. HA, Rep. 89, Geheimes Zivil-Kabinett, (...)
16Tatsächlich sollte es zu den Hauptaufgaben der Stadterweiterungskommission gehören, den Verkauf der fertigen Parzellen, die sich durch den Ankauf des ehemaligen Festungsgeländes und Zukäufe aus privater Hand im Besitz des preußischen Staates befanden, zu organisieren. Ein entsprechender Erlass31 des Königs an das Finanzministerium erfolgte im August 1905. Neben den an Privatleute und Baugesellschaften zu veräußernden Grundstücken zum Wohnungsbau hatten auch mehrere staatliche und kirchliche Institutionen Bedarf an neuen repräsentativen Gebäuden angemeldet. Diese Gebäude sollten überwiegend auf einer repräsentativen, zentral gelegenen Fläche in der Nähe des ehemaligen Berliner Tores, dem Hauptzugang zur Innenstadt, und nicht allzu weit vom Hauptbahnhof errichtet werden.
Stadterweiterungskommission gegen Magistrat?
17Mit der Einrichtung der Stadterweiterungskommission unter Stübbens Vorsitz war eine staatliche Institution geschaffen, die dem Magistrat gegenüberstand und mit diesem die konkreten Baumaßnahmen, aber auch Straßenführungen und den dazu nötigen Aufkauf von bisher in privater Hand befindlichen Grundstücken koordinieren und durchführen musste, um möglichst schnell die einzelnen Parzellen verkaufen zu können bzw. deren Bebauung voranzutreiben. Sieht man die Aktenüberlieferung der Bauabteilung des Magistrats heute durch, so fällt die gespannte und konfliktgeladene Atmosphäre auf, die zwischen der Stadtverwaltung und der Stadterweiterungskommission herrschte. Dazu beigetragen haben dürfte die als wenig kaufanregend verstandene Bauordnung, aber auch die äußerst angespannte Finanzlage der Stadt. Diese hatte in den Jahrzehnten zuvor erhebliche Mittel in den Hochwasserschutz der immer wieder von Überschwemmungen durch die Wasser der Warthe heimgesuchten Innenstadt investieren müssen. Gleichzeitig hatte man die Straßenpflasterung und den Leitungsbau vernachlässigt, was nun zu erheblichen Ausgaben führte, zumal die Eingemeindungen ebenfalls mit neuen Infrastrukturbauten verbunden waren.
18Davon abgesehen wurde Stübben aber auch für seine Vorstellungen einer von Grünanlagen durchzogenen Stadt kritisiert, paradoxerweise mit dem Argument, dass zur Schaffung von Baugrundstücken alte Baumbepflanzungen geopfert würden. Im Oktober 1906 verlangten Stübben und Engelhardt in einem Brief an den Magistrat die umgehende Richtigstellung der über die Presse kommunizierten Vorwürfe, insbesondere der „nichtsachgemäßen Führung unserer Amtsgeschäfte“, und stellten gleichzeitig verwundert fest:
- 32 Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen an den Magistrat der Provinzialhauptstadt (...)
„Es scheint ganz übersehen zu werden, dass wir daran arbeiten, der Stadt Posen aus staatlichen Mitteln eine Ringpromenade zu schaffen, wie sie ihresgleichen, ausser Frankfurt a/M und Köln, kaum eine andere preussische Stadt besitzt; dass weiterhin der Staat vertragliche Zusicherungen hinsichtlich zukünftiger Erhaltung der Kirchhöfe als Anlagen gegeben hat, zu welchem Zwecke der Staat diese Kirchhöfe vom Reiche besonders erwerben musste“32.
- 33 Joseph Stübben, August Engelhardt, „Eine Erwiderung“, Posener Zeitung, 08.05.1907.
- 34 Ausführliche Angaben zur damaligen Lage der städtischen Finanzen finden sich in B. Franke, Die Res (...)
19Dennoch hielten die Vorwürfe und Beschuldigungen an, so dass Stübben und Engelhardt ihnen im Mai 1907 auch öffentlich in der Presse33 entgegentraten. Die Atmosphäre verbesserte sich aber auch in den kommenden Jahren nicht. Die Stadtverwaltung bedauerte wohl insgeheim die fehlenden Einflussmöglichkeiten und versuchte sogar, ein als wichtige Parkanlage (Busseweg) angesehenes Gelände vom Staat zurückzuerlangen, verfügte aber über keine finanziellen Mittel dafür. Die Haushaltssituation war mehr als angespannt. So hatte die Stadt allein zwischen 1901 und 1910 Grundbesitz für rund 13 Millionen Mark erworben, aber nur 1,8 Millionen aus dem Verkauf von Grundbesitz einnehmen können34. Wohl auch deshalb bat Oberbürgermeister Wilms um Erhöhung der Zuschüsse für den geplanten Neubau des Stadttheaters. Dieser sollte das alte baufällige Theater ersetzen und war seit längerem eine Prestigeprojekt des Magistrats. Bezeichnend ist die Antwort des Finanzministeriums vom Juli 1909:
- 35 Ministerialdirektor Foerster an Oberbürgermeister Wilms, 16.07.1909, APP, AMP, 5117, Bl. 109-110, (...)
„Der Herr Finanzminister erklärte sich außer Stande, beiden Wünschen zu entsprechen, zeigte sich jedoch geneigt, einen von ihnen zu erfüllen, d. h. entweder eine Erhöhung des Theaterbauzuschusses um 156.000 Mark in den Etat einzustellen oder der Stadt einen Teil des Busseweges von entsprechendem Werte für Parkzwecke zu überlassen. Nur verlangte er, daß vorher die zwischen Staat und Stadt über die Erschließung des Festungsgeländes betreffenden Differenzen, die ohnedies einer Regelung bedurften, beseitigt werden sollten“35.
20Anschließend fasst der unterzeichnete Ministerialdirektor Foerster die finanzielle Lage noch einmal aus seiner Sicht zusammen und lässt es dabei nicht an Klarheit fehlen:
- 36 Ebd.
„Wenn ich auch gern anerkennen will, daß die mißlichen finanziellen Verhältnisse der Stadt Posen eine wohlwollende Berücksichtigung rechtfertigen, so muß ich doch darauf hinweisen, daß die Finanzlage des Staates, wie Euer Hochwohlgeboren bekannt, noch auf geraume Zeit ebenfalls sehr ungünstig sein wird. Es ist Ihnen ferner bekannt, daß der Staat im letzten Jahrzehnt für die Stadt Posen Aufwendungen gemacht hat wie wohl für keine andere Stadt und daß namentlich das ebenfalls im Interesse der Stadt übernommene Entfestigungsunternehmen zu einem Engagement geführt hat, dessen Abwicklung noch gar nicht vorauszusehen ist, dem Staate aber jedenfalls erhebliche Opfer auferlegen wird“36.
- 37 Die Akten zum Theaterneubau, dessen Planung und Umsetzung sind sowohl im GStA PK als auch in den A (...)
21Die Stadt entschied sich letztlich für den Theaterneubau37, die mahnenden Worte verhallten jedoch ohne Resultat, das Verhältnis der beiden Behörden verbesserte sich nicht.
22Symptomatisch wird dies noch einmal zum Ende des Jahres 1909 deutlich, als Stübben dem Magistrat die Beteiligung an der Allgemeinen Städtebauausstellung in Berlin vorschlug, die im Mai 1910 beginnen sollte. Hierfür beabsichtige man
- 38 Stadterweiterungskommission (Stübben) an Magistrat, 10.12.1909, APP, AMP, 5111, Bl. 229.
„beim Herrn Finanzminister die Bereitstellung von Mitteln für die Beschickung dieser Ausstellung zu beantragen [… und habe] u. a. die Anfertigung und Ausstellung eines Modells im Maassstab [sic] 1:1000 über die Aufschliessung und Bebauung des Umwallungsgeländes und die Solatscher Ansiedlung in Aussicht genommen“38.
- 39 Ebd.
23Stübben argumentierte, dass ein gemeinsamer Antrag beim Finanzministerium mehr Erfolg verspräche und dass die Stadt im Anschluss an die Ausstellung das Modell behalten und weiterverwenden könne39. Der Vorschlag lässt sich sicher auch als ausgestreckte Hand gegenüber der Stadt interpretieren. Darauf wollte der Magistrat jedoch nicht eingehen, sondern knüpfte seine Zustimmung an Zugeständnisse der Stadterweiterungskommission bei den Verhandlungen über die Errichtung der Villenkolonie Solatsch/Sołacz. Der offensichtlich enttäuschte Stübben antwortete daraufhin kühl:
- 40 Stadterweiterungskommission (Stübben) an Magistrat, 30.12.1909, ebd., Bl. 230.
„Die Verbindung der Frage einer Beteiligung an den Kosten eines Ausstellungsmodells mit dem Zustandekommen eines Vertrages, dessen Entwurf wir vor Monaten vorgelegt haben, ohne dass der Magistrat bisher Stellung dazu genommen hat, bedauern wir ablehnen zu müssen“40.
- 41 Die Entwicklung und der Bau von Solatsch im Zuge der Entwicklung von aus Großbritannien stammenden (...)
- 42 Siehe die Korrespondenz hierzu in APP, AMP, 5112, Bl. 93 ff.
Der Konflikt über den weiteren Stadtausbau und Errichtung der Villenkolonie Solatsch41, die Stübben besonders am Herzen lag, sowie deren infrastrukturelle Anbindung an die Stadt wurde von der Stadt offensichtlich als unlösbar angesehen, so dass man sich dort entschloss, den Finanzminister selbst um Vermittlung zu bitten. Dieser ging auch darauf ein, ernannte einen Beamten seines Ministeriums zu seinem „Kommissar“, hielt aber auch an den beiden Vorsitzenden der Stadterweiterungskommission, Stübben und Engelhardt, als Mitglieder der Schlichtungskommission fest. Schließlich kam es nach zähen Verhandlungen am 24. Oktober 1910 zum dritten Ergänzungsvertrag des Stadterweiterungsvertrags vom 24. März 1904, in dem u. a. die Bebauung von Solatsch geregelt ist. Der Finanzminister stimmte dem Vertrag am 12. November 1910 zu. Gleichwohl gab es auch danach erhebliche Konflikte über die Finanzierung und Ausführung des Straßen- und Leitungsbaus nach Solatsch, die zu ständigen Verzögerungen führten. Im Januar 1914 schaltete sich sogar der Preußische Städtetag in den Konflikt ein, nachdem bei ihm eine Beschwerde über die Erpressung von Vorteilen durch Anwendung des kommunalen Bauverbots eingegangen war42.
24Die mit erheblichem bürokratischem Aufwand geführten Auseinandersetzungen über Zuständigkeiten und Ausführungen bestimmter Arbeiten blieben letztlich bis zum Ende der preußischen Zeit bestehen. Moritz Jaffé sah in seiner Darstellung von 1909 die Entwicklung der Stadt daher auch eher skeptisch und konstatierte:
- 43 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
„Bis das Festungsgelände ausgebaut sein wird und bis auch nur westlich von der inneren Stadt der weite freie Raum bis zum Bahnplanum hin ein geschlossenes Stadtbild zeigen wird, werden noch manche Jahre, wahrscheinlich noch Jahrzehnte vergehen“43.
- 44 Joseph Stübben, „Die Durchführung von Stadterweiterungen mit besonderer Berücksichtigung der Eigen (...)
25Stübben selbst hatte bereits 1908 einen Aufsatz44 in der Reihe Städtebauliche Vorträge veröffentlicht, um auf die Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse bei der Durchführung von Stadterweiterungen hinzuweisen. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt in Posen engagiert war, kommt die Stadt unter den zahlreichen angeführten Beispielen aus europäischen Städten nicht ein einziges Mal vor. Stübben resümiert jedoch zur Situation in Preußen pessimistisch:
- 45 Ebd., S. 27.
„Aber der Preußische Staat hat sich durch seine Gesetzgebung der positiven Mitwirkung oder Leitung in den Angelegenheiten der Stadterweiterung fast ganz begeben. Die Lösung der Schwierigkeiten in den angedeuteten Fällen ist deshalb eine kaum besiegbare Aufgabe, eine Sisyphusarbeit, die nicht selten Jahrzehnte erfordert, bis eine halbe Lösung zustande kommt“45.
- 46 O. Karnau, Hermann Josef Stübben (Anm. 12), S. 60.
26Gleichwohl wurde Stübben für sein Wirken in Posen vom kritisierten preußischen Staat bei der Einweihung des Kaiserschlosses mit der Ernennung zum „Geheimen Oberbaurat mit dem Range der Räthe II. Klasse“46 geehrt. Der ihm offensichtlich sehr zugetane preußische Finanzminister schreibt ihm daraufhin:
- 47 StadtA Köln, 1114, A 43, Bl. 74 f.: Finanzminister an Stübben, 30.09.1910, hier: Bl. 74r.
„Die Auszeichnung, welche Ihnen kürzlich bei Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers und Königs in Posen zuteilgeworden ist, wird Ihnen ein Beweis dafür sein, daß Ihr Wirken uneingeschränkte Anerkennung gefunden hat. Wenn die Verwertung des Festungsgeländes zu einem befriedigenden wirtschaftlichen Erfolg bisher noch nicht geführt hat, so wissen alle, die mit den Verhältnissen bekannt sind, daß dies auf Gründe zurückzuführen ist, die außerhalb Ihrer Macht liegen“47.
„Kaiserforum“ und Schlossviertel im Mittelpunkt der Stadterweiterung
- 48 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
27Auch Moritz Jaffé hatte 1909 festgestellt: „Einstweilen will der private Anbau auf diesen Flächen sich nicht einstellen, dafür wetteifern Reich und Staat miteinander in der Errichtung monumentaler Baulichkeiten“48. Tatsächlich standen im Mittelpunkt der zeitgenössischen Aufmerksamkeit und der späteren Forschungen zur Stadterweiterung die staatlichen Bauten zu beiden Seiten des ehemaligen Berliner Tores.
28Als Glanzstück wurde das von Franz Schwechten errichtete Schloss angesehen, um das herum eine Reihe von öffentlichen Bauten errichtet wurden. Als klar wurde, dass nicht der ganze Raum hierfür benötigt wurde, gab man an seinem Rand Grundstücke für private Villenbauten frei, die jedoch optisch nicht zum öffentlichen Raum gehören, was bis heute erkennbar ist. Nimmt man die Parkanlage mit Springbrunnen als Mittelpunkt, dann erhob sich östlich davon das Schloss mit Marstall und Schlossgarten, nördlich und etwas erhöht befand sich auf der anderen Seite der neu geschaffenen Verlängerung der Paulikirchstraße (heute Fredry) das neue Stadttheater sowie das Gebäude der Königlichen Ansiedlungskommission, westlich davon die privaten Villen, das Hygieneinstitut, die Königliche Akademie und das Gebäude der Raiffeisenbank, während sich südlich, auf der anderen Seite der Straße am Berliner Tor (Święty Marcin), das Evangelische Vereinshaus und die Gebäude der sogenannten Landschaft sowie der Oberpostdirektion befanden. Im südlichen Teil der Parkanlage, zwischen Schloss und Akademie, stand das neu errichtete Bismarck-Denkmal. Besucher, die mit der Straßenbahn vom Bahnhof kamen, nahmen also zuerst das Bankgebäude, die Akademie und das Vereinshaus wahr, bevor sich ihnen zur Linken der Blick auf den Park, das Theater und das Schloss öffnete (Abb. 2).
Abb. 2. Ausschnitt aus dem Zentralblatt der Bauverwaltung vom 27. August 1910, S. 453. Friedrich Schultze, Schriftleiter der Zeitschrift, spricht in seinem summierenden Beitrag zum Residenzschloss mit Lageplan von einem „prächtige[n] Forum öffentlicher Bauten, das sich auf dem ehemaligen Festungsgelände am Berliner Tor entwickelt hat […]“. Die Villen an der Nordwestseite des Platzes sind noch nicht enthalten.
Quelle: Digitale Landesbibliothek Berlin (public domain).
- 49 Zenon Pałat, „Ostanie Forum Cesarskie. Forma i symbolika architektoniczno-urbanistycznego założeni (...)
- 50 Friedrich Schultze, „Das neue Residenzschloß in Posen“, Zentralblatt der Bauverwaltung, 30/69 (191 (...)
29In der polnischen Forschung ist das beschriebene Ensemble häufig als „Kaiserforum“ oder „Kaiserviertel“ bezeichnet worden, was mithin eine grundsätzliche Planung der Anlage voraussetzen würde. Insbesondere Zenon Pałat stellte 1983 in einem Beitrag für Artium Quaestiones und noch einmal 2011 die These vom „Kaiserforum“ auf49, führt als Beleg aber lediglich das halboffizielle Zentralblatt der Bauverwaltung vom 27. August 1910 an. Dort heißt es jedoch nur: „In das prächtige Forum öffentlicher Bauten […] fügt sich beherrschend das neue Kaiserschloß ein“50. Allerdings habe der Kaiser durch seinen „Hausarchitekten“ Schwechten wohl tatsächlich Einfluss auf den Stil der Bauten genommen:
- 51 Ebd.
„Auch die gegenüberliegenden Gebäude der Oberpostdirektion und der Posener Landschaft sind auf Wunsch des Kaisers, um hier ein einheitliches Bild zu erzielen, gleichfalls in romanischen Formen nach Entwürfen von Franz Schwechten errichtet“51.
- 52 B. Franke, Die Residenzstadt (Anm. 5), S. 113. Dennoch hat sich heute die Bezeichnung „Kaiserforum (...)
30Die Parkanlage, die alle öffentlichen Bauten verbindet, wird in einem eingefügten Lageplan als „Städtische Anlagen“ bezeichnet, was eher den Bezug zur Stadt und ihren Bürgern hervorhebt (Abb. 2). In den zeitgenössischen Akten ist, nach bisherigem Wissensstand, nirgendwo von einem „Kaiserforum“ die Rede. Auch in der – erstaunlich kritischen – Beschreibung der Stadterweiterung in dem vom Magistrat beauftragten Band Die Residenzstadt Posen und ihre Verwaltung im Jahre 1911 wird nur vom „Bau öffentlicher Gebäude“ auf dem ehemaligen Umwallungsgelände gesprochen52.
- 53 Erläuterungsbericht von J. Stübben, 20.01.1903, BAB-Lichterfelde, R 2, 40.154, Fiche 2.
- 54 Oberhof- und Hausmarschall an Finanzminister, 23.05.1903 (Entwurf), GStA PK, I. HA, Rep. 89, Gehei (...)
31Stübben listet in seinen Erläuterungen zum neuen Bebauungsplan vom Januar 190353 auf Wunsch des Finanzministers eine Reihe von öffentlichen Institutionen auf, die Anspruch auf einen Neubau geltend gemacht haben. Für den Bereich des „Forums“ war zu diesem Zeitpunkt scheinbar nur das Bismarck-Denkmal, das Theater (damals noch auf der anderen Straßenseite) sowie die Ansiedlungskommission eingeplant. Letztere hatte lediglich darum gebeten, einen Bauplatz in der Nähe des Bahnhofs zu bekommen. Von einem Schloss war zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Rede. Erst 1903 wird dieser Plan seitens des Oberhofmarschallamtes verfolgt, wobei das Grundstück noch nicht ausgesucht ist. In einem Schreiben des Oberhof- und Hausmarschalls an den Finanzminister vom 23.05.1903 heißt es, dass zunächst eine Grundrissskizze zu erstellen sei, um damit „den Umfang des erforderlichen Bauplatzes zu bestimmen und sodann der Wahl des Platzes näher zu treten“54.
- 55 Beispielhaft etwa: „Die Posener Kaiserpfalz“, Posener Tageblatt, 11.02.1903.
32Erst 1904 schien dann alles entschieden, der Bauplatz stand fest und ein Vertrag mit der ausführenden Firma aus Danzig wurde geschlossen. Tatsächlich forderte die zeitgenössische deutsch-nationalistische Posener Presse in dieser Zeit entschieden ein Schloss. Der Begriff „Kaiserforum“ taucht jedoch auch darin nirgends auf. Die Rede ist eher von der „Kaiserpfalz, die in Posen als sichtbares Zeichen der deutschen Herrschaft über dieses Land“55 entstehen müsse. Auch der Kaiser verwendete bei seinem Besuch im August 1910 anlässlich der Fertigstellung des Schlosses in seiner Rede diesen Begriff:
- 56 „Rede des deutschen Kaisers und preußischen Königs am 20.08.1910“, in: Ludwig Rieß (Hg.), Schulthe (...)
„Wir freuen Uns, daß es durch Gottes Gnade Uns vergönnt ist, heute Unseren Einzug in die Mauern Ihrer Stadt und die von Meisterhand errichtete Pfalz zu halten. Wir freuen Uns in Unserer jüngsten Residenzstadt, zu der Ich die Stadt Posen hiermit erhebe, Aufenthalt zu nehmen […]“56.
Dass die Planungen zum Schlossviertel im Detail mehrfach verändert wurden, lässt sich gut am Bau des von der Stadt als Prestigeprojekt angesehenen neuen Stadttheaters ablesen. Wie bereits oben angedeutet, hatte es darum langjährige Auseinandersetzungen hinsichtlich Finanzierung und Standort gegeben. Ursprünglich sollte es südlich der neuen Paulikirchstraße entstehen, fand aber letztlich seinen Platz auf der anderen Straßenseite, von wo es bis heute auf die Parkanlage „herabblickt“ (Abb. 3).
Abb. 3. Blick auf die „Anlage am neuen Stadttheater“, rechts das Gebäude der Ansiedlungskommission und die Paulikirche, ca. 1911.
Quelle: Bernhard Franke (Hg.), Die Residenzstadt Posen und ihre Verwaltung im Jahre 1911, Posen, J. Jolowicz, 1911.
- 57 GStA PK, I. HA, Rep. 93 B, Ministerium für öffentliche Arbeiten, Nr. 2261. Zur Planung der Königli (...)
Stübben hatte die Planungen dazu ausweislich der überlieferten Akten immer wieder vorangetrieben, so dass man in diesem Fall wohl von einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen Stadt, Stadterweiterungskommission und den staatlichen Behörden sprechen kann. Weitere Veränderungen der Planungen betrafen den Platz vor der Akademie, der der Stadt übertragen wurde, und die Stellung des Bismarck-Denkmals57 (Abb. 4 und 5).
Abb. 4. Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen (gez. Stübben), Lageplan zur Gestaltung des Berliner Tors und seiner Bebauung im Zuge der St. Martin-Straße, Entwurfsskizze, 4. September 1904.
Deutlich zu erkennen ist hier, dass ein älteres Planungsstadium für Block XIII des Stadterweiterungsareals (Kaisergarten mit Akademiegebäude, „Städtische Anlagen“) so überarbeitet wurde, dass durch die Straßenverbreiterung eine freie Sicht von der Eisenbahnbrücke auf den Schlossturm ermöglicht wurde.
Quelle: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, GStA PK, I. HA, Rep. 76 Kultusministerium, Vb Sek. 16, Tit. Nr. 9, Bd. 1.
Abb. 5. Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen, Entwurfsskizze für die Gestaltung des Platzes vor der Akademie in Posen, 1907 (Ausschnitt).
Der Platz wurde per Vertrag vom Preußischen Staat an die Stadt Posen übertragen. Zu erkennen ist, dass auch das Bismarck-Denkmal und die Glacis-Straße vor der Akademie in ihrer Lage verändert wurden.
Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Posen, APP, AMP 5111.
- 58 Z. Pałat, „Ostanie Forum Cesarskie“ (Anm. 49).
Dennoch blieb die Bezeichnung „Kaiserforum“ gerade in der polnischen wissenschaftlichen Debatte, insbesondere in den Veröffentlichungen Zenon Pałats, ein fester Begriff. Jan Skuratowicz wies jedoch schon 1991 darauf hin, dass Pałats Interpretation58 zweifelhaft sei:
- 59 J. Skuratowicz, Architektura (Anm. 7), S. 133, Anm. 53, Übersetzung M. B.
„Angemessener wäre die Bezeichnung ‚Kaiserpfalz‘, denn ein Schloss, der Sitz des Herrschers, war und ist das Zentrum der ganzen Anlage. Die Bezeichnung Forum, die schon auf klar umrissene Inhalte und Formen verweist, existiert im Falle Posens eigentlich nicht. Denn was haben in einer solchen Anlage die Villen von Privatleuten zu suchen – von Ärzten, einem Juristen und einem Großkaufmann, der auch noch Jude war“59.
Tatsächlich ist auf einem aktualisierten Stadterweiterungsplan vom August 1909 (Abb. 1) zu erkennen, dass der nordwestliche Abschnitt des als „Forum“ bezeichneten Areals zum Verkauf ausgeschrieben wurde, da man offensichtlich keinen weiteren Platz für staatliche bzw. städtische Gebäude benötigte. Dort entstanden dann die genannten privaten Villen von Vertretern der Posener Oberschicht. Insgesamt wird damit deutlich, dass es keinen Bebauungsplan für den Bereich um das Schloss gab, sondern Stübben in Absprache mit den zuständigen Ministerien und Behörden nach Bedarf plante und dafür laufend Änderungen an der Planung für diesen Bauabschnitt vorgenommen wurden. Dennoch behauptet auch Skuratowicz:
- 60 Jan Skuratowicz, „Die Wilhelminische Architektur in Posen“, in: Peter Nitsche (Hg.), Preußen in de (...)
„Zweck einer solchen Gestaltung des von Stübben und dem Kaiser persönlich geplanten Komplexes war die Schaffung einer neuen altdeutschen Visitenkarte der neuen Hauptstadt des germanischen Ostens“60.
Eine Quelle für diese Behauptung einer gemeinsamen Planung von Stübben und dem Kaiser selbst gibt er jedoch nicht an. Grzeszczuk-Brendel argumentiert wiederum, mit Bezug auf Pałat:
- 61 H. Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben (Anm. 8), S. 125, Fußnote 361. Lucjan Michałowski war (...)
„Die Idee des Forums scheint durch einen Konkurrenzentwurf zur Gestaltung des Schlossviertels bestätigt zu werden, der 1912 als eine Art Korrektur des Stübben-Plans von Lucjan Michałowski vorgelegt wurde“61.
- 62 Z. Pałat, Architektura (Anm. 7), S. 193. Übersetzung M. B.
Nach Pałat habe dieser Plan natürlich keine Chance auf Realisierung gehabt, sondern stelle, als architektonischer Kommentar, „lediglich die Korrektur einer bereits bestehenden Anlage dar“62 Angaben zu Kontext und Fundort dieser Quelle finden sich auch bei Pałat nicht. Festzuhalten bleibt nach dem bisherigen Quellenstudium, dass das angebliche „Kaiserforum“ nicht auf einer langfristigen Planung von Stübben basiert, sondern sich im Zusammenspiel von Stadtmagistrat, Stadterweiterungskommission, Schwechten und dem Kaiser selbst entwickelt hat. Dies wird auch deutlich an dem relativ späten Beschluss (1907, Abb. 6), das neue Stadttheater auf die andere Seite der Paulikirchstraße zu verlegen, was wiederum die Entstehung des Parks als Mittelpunkt des „Forums“ erst ermöglicht hat. Solche Entscheidungen gehören jedoch zur normalen Dynamik eines Planungsprozesses und zeigen, dass die Stadterweiterungskommission sich für die Gestaltung des Schlossviertels anderen Wünschen unterordnete. Stübben spielte hierbei vor allem eine koordinierende Rolle zwischen Diskussionspartnern mit unterschiedlicher Machtfülle, wobei Wilhelm II. als preußischer Monarch eindeutig die stärkste Position hatte.
Abb. 6. Magistrat der Provinzial-Hauptstadt Posen, Schreiben an die Stadtverordneten-Versammlung, 18. April 1907. Hier wird über die Zustimmung der Stadterweiterungskommission zur Verlegung des Bauplatzes für das neue Stadttheater von der Süd- auf die Nordseite der verlängerten Paulikirchstraße berichtet.
Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Posen, APP, AMP 5111.
33Auch wenn sich diesbezüglich keine Protokolle erhalten haben, kann man davon ausgehen, dass er durch Schwechten über die Entwicklung in Posen bestens unterrichtet war. Die Einflussnahme des Kaisers hatte sich wohl in den informierten Kreisen herumgesprochen, denn in dem schon zitierten Beitrag zum neuen Residenzschloss (Abb. 2) wird dessen Rolle bei der Wahl des Baustils bei den von Schwechten gestalteten Gebäuden betont. Die städtebauliche Umsetzung lag jedoch bei Stübben, dessen Hauptwohnsitz während seiner Posener Tätigkeit Berlin war. Vorstellbar ist also, dass der Kaiser bei Empfängen, Audienzen etc. auf Stübbens Planung für das symbolträchtige Schlossviertel informell Einfluss zu nehmen trachtete. Städtebaulich interessant ist, dass im Fall des Schlossviertels der „staatliche Raum“ (also die Repräsentationswünsche des Kaisers und seines Umfelds) in den „städtischen Raum“ hinwächst und diesen maßgeblich bestimmt. Der Posener Magistrat besaß hier wenig Einfluss. Dies betrifft wohlgemerkt nur diesen symbolisch hoch aufgeladenen Raum – für den Rest der Stadterweiterung (die Gestaltung des Parkrings, die Wohnviertel, die Hafen- und Industriegebiete und die Verkehrsinfrastruktur) lag die Planungshoheit bei der Stadterweiterungskommission unter der Leitung Stübbens, die für die Realisierung der einzelnen Bauvorhaben jedoch immer wieder langwierige Verhandlungen mit dem Magistrat führen musste.
- 63 Niels Wilcken, Architektur im Grenzraum. Das öffentliche Bauwesen in Elsaß-Lothringen 1871-1918, S (...)
- 64 O. Karnau, Hermann Josef Stübben (Anm. 12), S. 414.
- 65 J(oseph) Stübben, Der Städtebau (Handbuch der Architektur. Vierter Teil: Entwerfen, Anlage und Ein (...)
34Interessant ist es in dieser Hinsicht, auf parallele Entwicklungen in der deutschen Stadtplanung hinzuweisen. Im gegebenen Kontext ist dies weniger das elsässische Straßburg als vielmehr das lothringische Metz, ebenfalls eine „Frontstadt“. Dort konnte der Kaiser als oberster Befehlshaber der Armee in der damals größten befestigten Stadt die Impulse geben. Der siegreiche Entwurf für den Bahnhof von Jürgen Kröger wurde von Wilhelm II. „bereichert“63. Conrad Wahn ließ 1898 seinen vorläufigen Bebauungsplan der Metzer Stadterweiterung von Stübben begutachten und setzte in dem 1902 vorgelegten Plan Stübbens Anregungen um64. Stübben wiederum präsentierte in der dritten, stark erweiterten Auflage seines Hauptwerkes Der Städtebau als Bestandteil der Reihe Handbuch der Architektur (Vierter Teil, 9. Halbband) Ausschnitte aus den Metzer und Posener Stadterweiterungsplänen auf derselben Seite65.
- 66 N. Wilcken, Architektur im Grenzraum (Anm. 63), S. 44.
- 67 Ebd., S. 121.
35Auch in Metz wurde das Projekt fast zeitgleich mit Posen ohne öffentliche Beteiligung unter den Institutionen ausgehandelt. In Metz wurde zudem ein symbolisch zentraler Teil der Stadterweiterung ausgespart – der Bahnhofsplatz – und nach den kaiserlichen Vorstellungen gestaltet66. Durch auf Beeindruckung abgezielte Raumerlebnisse – neben dem Bahnhof die als romanische Festung gestaltete Hauptpost, ebenfalls von Kröger – entstand eine klare Botschaft von nationaler Stärke und zeitlicher Kontinuität der monarchischen Autorität über eine Grenzprovinz des Reiches. Der Bahnhofsplatz in Metz korrespondiert also mit dem Schlossviertel in Posen, in beiden befindet sich ein Schloss bzw. ein schlossartiges Gebilde im Zentrum. Wilcken behauptet für Metz, dass „Wilhelm II. – wie bei Bauten dieses Umfangs üblich – die Pläne ansah“67 und entsprechende Instruktionen gab. Das war mit großer Wahrscheinlichkeit auch in Posen der Fall.
36In Straßburg hingegen, dessen Stadterweiterung bei der Thronbesteigung Wilhelms II. (1888) schon weit fortgeschritten war, und das über ein ausgeprägtes städtisches Selbstbewusstsein verfügte, hatte der Monarch wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Er entwarf sich deshalb unter der Mitwirkung des Architekten Bodo Ebhardt auf der nahe gelegenen Hohkönigsburg (fertiggestellt 1908) eine Art preußisches Neuschwanstein, in welchem er nach seiner de facto Entmachtung durch die Zweite Oberste Heeresleitung im Ersten Weltkrieg (1916) lange Monate der Melancholie verbrachte.
Das Ende der Stadterweiterungskommission und Stübbens Erbe
- 68 Siehe die Korrespondenz hierzu in APP, AMP, 5112, Bl. 129 f.
- 69 Poznański Urząd Likwidacyjny an Magistrat, 15.11.1919, APP, AMP, 5112, Bl. 131 f.
37Stübben kämpfte indessen auch nach der Einweihung des Schlosses weiter mit dem Magistrat um die Fertigstellung der Gartenvorstadt Solatsch, die zusätzlich durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs behindert wurde. Während 1918 bereits Millionen Männer an den Fronten gefallen waren, führte die Stadterweiterungskommission eine verbissene Auseinandersetzung um die Fertigstellung und Unterhaltung von Bürgersteigen68. Als 1919 die Stadtverwaltung von Polen übernommen wurde, forderte die neue Verwaltung hingegen als erstes eine Liste der noch nicht verkauften Parzellen von der Stadterweiterungskommission69. Stübben sollte zudem als Kommissionsvorsitzender abgesetzt werden, wogegen dieser zu protestieren beabsichtigte, aber vom Finanzminister um Zurückhaltung gebeten wurde:
- 70 Finanzminister an Stübben, 10.04.1919, StadtA Köln, 1114, A 43, Bl. 80.
„Auf das gefällige Schreiben vom 28. März 1919 ersuche ich Euer Hochwohlgeboren, Ihrerseits vom beabsichtigten Einspruche bei dem polnischen Obersten Volksrat gegen Ihre Ersetzung bei der Posener Stadterweiterungskommission durch einen Polen abzusehen, da das Erforderliche von hier aus unternommen werden wird“70.
Mit der endgültigen Inkorporierung Posens in den neuen polnischen Staat endete schließlich 1920 die Mission des Geheimen Oberbaurats Stübben in Posen. Der Finanzminister zeigte sich dabei erneut großzügig:
- 71 Finanzminister an Stübben, 15.08.1919, StadtA Köln, 1114, A 43, Bl. 82.
„Die Wendung, die die Dinge in Posen genommen haben, nötigt mich zu meinem Bedauern, Ihr Dienstverhältnis als Leiter der Posener Stadterweiterungskommission unter Einhaltung der vereinbarten sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ablaufe des Monats Februar 1920 zu kündigen. […] Entsprechend den seinerzeit getroffenen Vereinbarungen beabsichtige ich, Ihnen eine Gratifikation von 30.000 Mark zu gewähren, die Ihnen bei Abschluss Ihrer Tätigkeit gezahlt werden wird“71.
- 72 J. Stübben, Der Städtebau (Anm. 65).
- 73 Die Publikationsliste Stübbens enthält nach Karnau 854 Positionen (ohne Reprints). O. Karnau, Herm (...)
Stübben hat auch im nun folgenden Ruhestand noch viel publiziert; 1924 erschien die dritte Auflage seines Hauptwerkes Der Städtebau, in die auch seine Arbeit an der Stadterweiterung in Posen einfloss72. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Stübben seine Erfahrungen in Posen ausweislich seiner Publikationsliste schriftlich nie speziell thematisiert hat73.
- 74 O. Karnau, „Die prägenden Elemente“ (Anm. 12), S. 169.
38In Posen ist er heute, außer in Fachkreisen, praktisch vergessen. Dennoch ist die von ihm geplante und maßgeblich umgesetzte Stadterweiterung bis in unsere Tage – trotz Zweitem Weltkrieg und Staatskommunismus – in ihren Grundzügen erhalten geblieben. Die von ihm erdachte Ringpromenade mit mehreren Parks und Grünanlagen, die zum Teil aus ehemaligen Kirchhöfen hervorgegangen sind, das Schlossviertel mit seinen historisierenden Monumentalbauten, aber auch die Villenkolonie Solatsch, die über eine Allee mit der Innenstadt verbunden ist, machen Posen, mit den Worten Oliver Karnaus, zu einer der „schönsten und elegantesten Städte Europas“74. Wer gut zu Fuß ist, kann auch heute noch vom Hauptbahnhof fast ausschließlich über Grünlagen und Alleen bis nach Solatsch gelangen.
- 75 So wurde Stübben für sechs Jahre zum unbesoldeten Beigeordneten „in Anerkennung seiner Verdienste (...)
39Während der Stadtplaner und Architekt Stübben in Köln für die von ihm geplante und umgesetzte Stadterweiterung hohes Lob erfahren hat und mit allen Ehren verabschiedet wurde75, stieß er in Posen auf viel Ablehnung, vor allem seitens der Stadtverwaltung. Die Gründe dafür sind wohl hauptsächlich in den schwierigen finanziellen Verhältnissen der Stadt zu sehen, die sich überfordert sah und zudem wenig Mitspracherechte bei der Stadterweiterung hatte. Ein positiver Nebeneffekt des Übergangs der Stadt in den neuen polnischen Staat dürfte hingegen gewesen sein, dass viele Schuldentitel nicht mehr bedient werden mussten. Die finanziellen Implikationen der Stadterweiterung, auch nach 1918, bedürfen jedoch in jedem Fall weiterer Forschungen.
40Vielleicht gelingt es in den kommenden Jahren ja doch noch, einen Park oder eine Allee in Posen nach dem Stadtplaner Josef Stübben zu benennen, der im 20. Jahrhundert so nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt an der Warthe genommen hat.
Notes
1 Die erste Stadterweiterung unter preußischer Herrschaft fand zu Beginn des 19. Jahrhunderts statt, westlich der alten Stadtmauer mit dem Wilhelmsplatz (heute plac Wolności) als Zentrum.
2 Hermann Joseph Stübben, auch (Hermann) Joseph/Josef Stübben (Hülchrath/Grevenbroich, 1845 – Frankfurt am Main, 1936).
3 An relevanten Archiven und Quellenbeständen sind zu nennen: Archiwum Państwowe w Poznaniu (Staatsarchiv Posen), Akta miasta Poznania, Posen, Signaturen 4305-4308 sowie 5107-5117 sowie 4864 u. 4865, im Folgenden APP, AMP, Signatur. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, I. Hauptabteilung (HA), vor allem: Repositur (Rep.) 89, Geheimes Zivil-Kabinett, jüngere Periode; Rep. 93 B, Ministerium für öffentliche Arbeiten; Rep. 77, Ministerium des Innern; Rep. 76, Kultusministerium, sowie Rep. 113, Brandenburg-Preuß. Hausarchiv (BPH), Oberhofmarschallamt; im Folgenden zitiert als GStA PK, I. HA, Rep., Signatur. Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, Reichsschatzamt, R2 – Festung Posen, im Folgenden zitiert als BAB-Lichterfelde, R2, Signatur. Historisches Archiv der Stadt Köln, Nachlass J. Stübben, im Folgenden zitiert als StadtA Köln, 1114, Signatur.
4 Moritz Jaffé, Die Stadt Posen und preußischer Herrschaft. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Ostens, Leipzig, Duncker & Humblot (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 119, Zweiter Teil), 1909. Der Autor entstammt einer alteingesessenen jüdischen Familie, die zur Posener Oberschicht gerechnet werden muss. Sein Vater Bernhard war langjähriger Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung in Posen, Präsident der dortigen Handelskammer und Kommerzienrat.
5 Bernhard Franke (Hg.), Die Residenzstadt Posen und ihre Verwaltung im Jahre 1911 (im Auftrage des Oberbürgermeisters hg. von Dr. B. Franke, Direktor des Statistischen Amts), Posen, J. Jolowicz, 1911, insbesondere Teil C: „Baufragen“, S. 80-140. Die erwähnte Ausstellung bildete den Grundstein zu Posens Geschichte als Messestadt. In diesem Zusammenhang entstand in der Nähe des Hauptbahnhofs auf der westlichen Seite des Eisenbahngrabens der von Hans Poelzig entworfene städtische Wasserturm als Ausstellungsgebäude, von dem heute nur die Fundamente erhalten sind.
6 Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten in der Stadt Posen, Posen, Hofbuchdruckerei W. Decker & Co., 1867-1918.
7 Zu nennen sind vor allem die Arbeiten von Jan Skuratowicz, Architektura Poznania 1890-1918, Posen, Wydawnictwo Naukowe UAM, 1991 und Zenon Pałat, Architektura a polityka. Gloryfikacja Prus i niemieckiej misji cywilizacyjnej w Poznaniu na początku xx wieku, Posen, Poznańskie Towarzystwo Przyjaciół Nauk (Posener Gesellschaft der Freunde der Wissenschaft), 2011.
8 Hanna Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben. Städtebau und Wohnungsreform in Posen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Berlin/Boston, De Gruyter/Oldenbourg, 2018. Das Werk enthält die Quintessenz der vorhergehenden Forschungen der Autorin zum Thema Stadterweiterung.
9 Grażyna Kodym-Kozaczko, Przestrzeń, ludzie, idee. Urbanistyka Poznania w xx wieku, Posen, Wydział Architektury Politechniki Poznańskiej, 2017. Bisher ist das Buch in Deutschland ausschließlich in der Leipziger Nationalbibliothek vorhanden und daher leider kaum nutzbar. Einen älteren Überblick zur Thematik bietet Teresa Jakimowicz (Red.), Architektura i urbanistyka Poznania w xx wieku, Posen, Wydawnictwo Miejskie, 2005.
10 Piotr Szczepan Kisiel, Politics of Space in Prussian and Austrian-Hungarian Cities, Marburg, Verlag Herder-Institut, 2018.
11 Siehe S. 25-55: Igor Kąkolewski, „Die Schaffung von städtischen Erinnerungslandkarten in Ostmitteleuropa. Das Beispiel Posen“.
12 Oliver Karnau, Hermann Josef Stübben. Städtebau 1876-1930, Braunschweig/Wiesbaden, Vieweg und Sohn, 1996. Karnau gehört zu den wenigen Forschern, die ausweislich der Benutzungsblätter die Überlieferung der Bauabteilung des Magistrats für ihre Forschungen verwendet haben. Vgl. auch ders., „Die prägenden Elemente einer ‚preußisch-evangelischen‘ Kulturlandschaft am Beispiel der Stadtplanung in Posen vor dem Ersten Weltkrieg“, Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie, Bd. 20 (2002), S. 169-186.
13 Peter Dragsbo, Arkitektur til grænsen. Arkitektur og nation i europæiske grænselande 1850-1940, Sønderborg, Museum Sønderjylland, 2014; Ders., „Architektur und Nation in Schleswig – und in anderen europäischen Grenzgebieten“, in: Klaus Tragbar, Volker Ziegler (Hg.), Planen und Bauen im Grenzgebiet / Planning and Building in Border Regions, Berlin/München, Deutscher Kunstverlag (Innsbrucker Beiträge zur Baugeschichte, vol. 1), 2019, S. 21-42; Ders., „Architectures et nations. Le cas du Schleswig au regard d’autres régions frontalières en Europe“, In Situ. Revue des patrimoines, no 38 (2019): Architectures et patrimoine des frontières. Entre identités nationales et héritage partagé, 29 S., online, DOI : 10.4000/insitu.21066; Johannes Dahm, „Genese, Umgang und Wahrnehmung des architektonisch-stadtplanerischen Erbes aus der deutschen Kaiserzeit. Ein Vergleich der gründerzeitlichen Stadterweiterungen in Straßburg und Posen“, Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande, 47/2 (2015), S. 501-514, online, doi: 10.4000/allemagne.312.
14 Ausstellung in der Raczyński-Bibliothek in Posen vom 20. August bis zum 27. Oktober 2022, online unter www.poznan-strasbourg.org/en (letzter Zugriff am 8. Januar 2024) mit Begleitband: Hanna Grzeszczuk-Brendel, Małgorzata Praczyk (Hg.), Poznań – Strasbourg. Od imperialnych do europejskich powinowactw / Cross-relations in Space and Time, Poznań, Wydział Historii UAM (Fakultät für Geschichte, Adam-Mickiewicz-Universität Poznań), 2022, online unter www.strasbourg.archi.fr/culture/publications/poznan-strasbourg (letzter Zugriff am 19. Januar 2024). Zur Stadtentwicklung und Planungsgenese siehe dort: Alexandre Kostka, „Interferences between Poznań and Strasbourg in the time of the Second Empire. Of buildings and men / Interferencje między Poznaniem a Strasburgiem w czasach Drugiej Rzeszy. O budynkach i ludziach“, ebd., S. 15-38 und Volker Ziegler, „The Road of Strasbourg and Poznań to a Modern Metropolis / Droga Strasburga i Poznania ku nowoczesnosci”, ebd., S. 79-113.
15 Dazu Alexandre Kostka (im Namen der Forschergruppe), „Affinités impériales, Strasbourg/Poznań. Construction et appropriation d’un patrimoine ‚allemand‘ non voulu (1850-1950). Un projet interdisciplinaire et transnational de recherche et d’exposition“, in: Maciej Forycki, Agnieszka Jakuboszczak, Audrey Kichelewski, Eric Hassler, Patrick Werly (Hg.), Les marques du voisinage: l’Alsace et la Posnanie dans l’ombre des influences germaniques, Poznań, Uniwersytet Adama Mickiewicza, 2019, S. 99-114.
16 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 367.
17 Zu den heftigen Diskussionen um die Finanzierung der Stadterweiterung in Straßburg vgl. etwa die Erinnerungen des damaligen Bürgermeisters Back. Otto Back, Aus Straßburgs jüngster Vergangenheit. Die städtische Verwaltung in der Zeit vom 12. April 1873 bis zum 25. April 1880, Straßburg, De Gruyter, 1912, S. 159-206.
18 Zum Inhalt des sogenannten Entfestigungsvertrages vgl. M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 375 f. Der Vertrag und dessen Nachträge finden sich auch in den Magistratsakten.
19 Anordnungen und Korrespondenz zu Bildung, Besetzung und Aufgaben der Stadterweiterungskommission finden sich in: GStA PK, I. HA, Rep. 77, Ministerium des Innern, Tit. 871, Nr. 33.
20 Straßburg gehörte anders als Posen nicht zu Preußen, sondern zum Deutschen Reich und hatte schon daher andere politische Vertretungsrechte. Zu Vorgeschichte und Ablauf der Stadterweiterung vgl. insbesondere Klaus Nohlen, „Baupolitik im Reichsland Elsaß-Lothringen 1870-1918. Stadterweiterung und Kaiserpalast in Straßburg“, in: Ekkehard Mai, Stephan Waetzoldt (Hg.), Kunstverwaltung, Bau- und Denkmal-Politik im Kaiserreich, Berlin, Gebr. Mann, 1981, S. 103-120. Zu jüngeren Forschungsergebnissen zur Stadtentwicklung von Straßburg, siehe bspw. Projektgruppe METACULT (Hg.), Kulturtransfer in Architektur und Stadtplanung. Straßburg 1830-1940. Transferts culturels dans l’architecture et l’urbanisme. Strasbourg 1830-1940, Berlin/München, Deutscher Kunstverlag, 2018; Marie Pottecher, Hervé Doucet, Olivier Haegel (Hg.), La Neustadt de Strasbourg: un laboratoire urbain, 1871-1930, Lyon, Lieux dits, 2017.
21 B. Franke, Die Residenzstadt (Anm. 5), S. 115.
22 Zitiert nach M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
23 Adolph Alport u. a. an den Magistrat der Stadt Posen, 15.12.1902, APP, AMP, 4308, Bl. 444.
24 O. A., „Eingesandt“, Posener Neueste Nachrichten, 11.01.1903.
25 Hanna Grzeszczuk-Brendel, „Das Villen-Mietshaus in Posen. Eine neue Vorstellung von Wohnung und Stadt“, in: Alena Janatková, Hanna Kozińska-Witt (Hg.), Wohnen in der Großstadt 1900-1939. Wohnsituation und Modernisierung im europäischen Vergleich, Stuttgart, Franz Steiner, 2006, S. 379-389, hier: S. 383.
26 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
27 Tatsächlich berichten die führenden polnischen Tageszeitungen Dziennik Poznański und Kurier Poznański im Januar 1903 nicht von den Diskussionen um die Bauordnung, wie eine Stichprobe ergeben hat, während die deutschen Tageszeitungen zahlreiche Beiträge dazu brachten.
28 M. Jaffé, Die Stadt Posen, S. 311 f. (Anm. 4); H. Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben (Anm. 8), S. 108; J. Skuratowicz, Architektura (Anm. 7), S. 37.
29 H. Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben (Anm. 8), S. 119.
30 Erläuterungsbericht von J. Stübben, 20.01.1903, BAB-Lichterfelde, R 2, 40.154, Fiche 2.
31 Preußischer König an Finanzminister, 03.08.1905, GStA PK, I. HA, Rep. 89, Geheimes Zivil-Kabinett, Nr. 14794, Bl. 100.
32 Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen an den Magistrat der Provinzialhauptstadt Posen, 15.10.1906, APP, AMP, 5111, Bl. 11-13, hier: Bl. 13.
33 Joseph Stübben, August Engelhardt, „Eine Erwiderung“, Posener Zeitung, 08.05.1907.
34 Ausführliche Angaben zur damaligen Lage der städtischen Finanzen finden sich in B. Franke, Die Residenzstadt (Anm. 5), S. 105 f.
35 Ministerialdirektor Foerster an Oberbürgermeister Wilms, 16.07.1909, APP, AMP, 5117, Bl. 109-110, hier: Bl. 110.
36 Ebd.
37 Die Akten zum Theaterneubau, dessen Planung und Umsetzung sind sowohl im GStA PK als auch in den Akten des Posener Magistrats erhalten: Das Stadttheater in Posen, GStA PK, I. HA, Rep. 93 B, Ministerium für öffentliche Arbeiten, Nr. 2260 u. 2261 sowie APP, AMP, 5111. Zum Bau der Akademie: GStA PK, I. HA, Rep. 76, Kultusministerium, Vb, Sekt. 16, Nr. 9, Bd. 1.
38 Stadterweiterungskommission (Stübben) an Magistrat, 10.12.1909, APP, AMP, 5111, Bl. 229.
39 Ebd.
40 Stadterweiterungskommission (Stübben) an Magistrat, 30.12.1909, ebd., Bl. 230.
41 Die Entwicklung und der Bau von Solatsch im Zuge der Entwicklung von aus Großbritannien stammenden Gartenstadtmodellen bedarf eines eigenen Aufsatzes und kann hier nur angedeutet werden.
42 Siehe die Korrespondenz hierzu in APP, AMP, 5112, Bl. 93 ff.
43 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
44 Joseph Stübben, „Die Durchführung von Stadterweiterungen mit besonderer Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse“, in: Joseph Brix, Felix Genzmer (Hg.), Städtebauliche Vorträge aus dem Seminar für Städtebau an der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin, Bd. 1, H. 6 (1. Vortragszyklus, Nr. 6), Berlin, Wilhelm Ernst & Sohn, 1908, S. 5-28.
45 Ebd., S. 27.
46 O. Karnau, Hermann Josef Stübben (Anm. 12), S. 60.
47 StadtA Köln, 1114, A 43, Bl. 74 f.: Finanzminister an Stübben, 30.09.1910, hier: Bl. 74r.
48 M. Jaffé, Die Stadt Posen (Anm. 4), S. 376.
49 Zenon Pałat, „Ostanie Forum Cesarskie. Forma i symbolika architektoniczno-urbanistycznego założenia poznańskiego Ringu“, Artium Quaestiones (hg. vom Instytut Historii Sztuki UAM [Institut für Kunstgeschichte, Adam-Mickiewicz-Universität Poznań]), Bd. 2 (1983), S. 57-72 sowie Z. Pałat, Architektura (Anm. 7), S. 70.
50 Friedrich Schultze, „Das neue Residenzschloß in Posen“, Zentralblatt der Bauverwaltung, 30/69 (1910), 27.08.1910, S. 453-458, hier: S. 453.
51 Ebd.
52 B. Franke, Die Residenzstadt (Anm. 5), S. 113. Dennoch hat sich heute die Bezeichnung „Kaiserforum“ eingebürgert, etwa bei Wikipedia, wo zudem – ohne jeglichen Beleg – behauptet wird: „Die Pläne zu diesem Forum wurden von Joseph Stübben bereits 1904 ausgearbeitet.“ de.wikipedia.org/wiki/Residenzschloss_Posen (letzter Zugriff: 13.12.2023). Wikipedia kann jedoch für die (kunst)historische Debatte nicht relevant sein, da der Begriff „Forum“ eine generelle Kategorie ist, wie auch „Viertel“ – der Aussagewert des Terminus erschließt sich nur durch den Kontext, in dem er gebraucht wird.
53 Erläuterungsbericht von J. Stübben, 20.01.1903, BAB-Lichterfelde, R 2, 40.154, Fiche 2.
54 Oberhof- und Hausmarschall an Finanzminister, 23.05.1903 (Entwurf), GStA PK, I. HA, Rep. 89, Geheimes Zivil-Kabinett, jüngere Periode, Nr. 20712, Bl. 12v.
55 Beispielhaft etwa: „Die Posener Kaiserpfalz“, Posener Tageblatt, 11.02.1903.
56 „Rede des deutschen Kaisers und preußischen Königs am 20.08.1910“, in: Ludwig Rieß (Hg.), Schulthess’ Europäischer Geschichtskalender, Neue Folge, 26. Jg., München, Beck, 1911, S. 334 f., hier: S. 335.
57 GStA PK, I. HA, Rep. 93 B, Ministerium für öffentliche Arbeiten, Nr. 2261. Zur Planung der Königlichen Akademie: GStA PK, I. HA, Rep. 76, Kultusministerium, Vb, Sekt. 16, Tit., Nr. 9, Bd. 1.
58 Z. Pałat, „Ostanie Forum Cesarskie“ (Anm. 49).
59 J. Skuratowicz, Architektura (Anm. 7), S. 133, Anm. 53, Übersetzung M. B.
60 Jan Skuratowicz, „Die Wilhelminische Architektur in Posen“, in: Peter Nitsche (Hg.), Preußen in der Provinz (Beiträge zum 1. Deutsch-polnischen Historikerkolloquium im Rahmen des Kooperationsvertrages zwischen der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel unter Mitarbeit von Ekkehard Klug), Frankfurt am Main u. a., Peter Lang, 1991, S. 94-118, hier: S. 103. Hervorhebung M. B.
61 H. Grzeszczuk-Brendel, Eine Stadt zum Leben (Anm. 8), S. 125, Fußnote 361. Lucjan Michałowski war ein in Posen ansässiger Architekt und Maler, der vor allem Denkmäler und Sakralbauten projektierte.
62 Z. Pałat, Architektura (Anm. 7), S. 193. Übersetzung M. B.
63 Niels Wilcken, Architektur im Grenzraum. Das öffentliche Bauwesen in Elsaß-Lothringen 1871-1918, Saarbrücken, Landesamt für Vermessung, Geoinformation und Landentwicklung (Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, 38), 2000, S. 121. Siehe dazu auch Alexandre Kostka, „Trois façons de concevoir une extension urbaine au temps de l’Empire allemand : Strasbourg, Metz et Poznań“, in: Anne Feler, Raymond Heitz, Roland Krebs (Hg.), Études sur le monde germanique. Littérature, civilisation, arts. Choix de conférences (2005-2020) organisées par la Société Goethe de France, Bd. 2, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2021, S. 389-410, und ders., „Interferences“ (Anm. 14).
64 O. Karnau, Hermann Josef Stübben (Anm. 12), S. 414.
65 J(oseph) Stübben, Der Städtebau (Handbuch der Architektur. Vierter Teil: Entwerfen, Anlage und Einrichtung der Gebäude. 9. Halbband: Der Städtebau) (1890), Leipzig, J. M. Gebhardt’s Verlag, 1924 (3. Aufl.), Abb. 900 und 902, S. 516.
66 N. Wilcken, Architektur im Grenzraum (Anm. 63), S. 44.
67 Ebd., S. 121.
68 Siehe die Korrespondenz hierzu in APP, AMP, 5112, Bl. 129 f.
69 Poznański Urząd Likwidacyjny an Magistrat, 15.11.1919, APP, AMP, 5112, Bl. 131 f.
70 Finanzminister an Stübben, 10.04.1919, StadtA Köln, 1114, A 43, Bl. 80.
71 Finanzminister an Stübben, 15.08.1919, StadtA Köln, 1114, A 43, Bl. 82.
72 J. Stübben, Der Städtebau (Anm. 65).
73 Die Publikationsliste Stübbens enthält nach Karnau 854 Positionen (ohne Reprints). O. Karnau, Hermann Josef Stübben (Anm. 12), S. 453-485.
74 O. Karnau, „Die prägenden Elemente“ (Anm. 12), S. 169.
75 So wurde Stübben für sechs Jahre zum unbesoldeten Beigeordneten „in Anerkennung seiner Verdienste in bezug auf die Stadterweiterung“ gewählt. Der vorgesehenen Gratifikation in Höhe von 50.000 Mark versagte jedoch der Bezirksausschuss die Genehmigung. Peter Fuchs (Hg.), Chronik zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. 2, Köln, Greven, 1991, S. 160.
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| Titre | Abb. 1. Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen, Plakat über „verkäufliche Grundstücke“, 1909. Zu erkennen ist, dass der zum sogenannten „Kaiserforum“ zählende Block XIII am Königsring zur privaten Bebauung angeboten wird (60 Mark pro qm). |
| Crédits | Quelle: Wirtualne Muzeum Historii Poznania, CYRYL, cyryl.poznan.pl/kolekcja/najstarsze-plany-poznania-do-1938-roku-archiwum-panstwowe-w-poznaniu/ (public domain). |
| URL | http://journals.openedition.org/allemagne/docannexe/image/3987/img-1.png |
| Fichier | image/png, 1,2M |
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| Titre | Abb. 2. Ausschnitt aus dem Zentralblatt der Bauverwaltung vom 27. August 1910, S. 453. Friedrich Schultze, Schriftleiter der Zeitschrift, spricht in seinem summierenden Beitrag zum Residenzschloss mit Lageplan von einem „prächtige[n] Forum öffentlicher Bauten, das sich auf dem ehemaligen Festungsgelände am Berliner Tor entwickelt hat […]“. Die Villen an der Nordwestseite des Platzes sind noch nicht enthalten. |
| Crédits | Quelle: Digitale Landesbibliothek Berlin (public domain). |
| URL | http://journals.openedition.org/allemagne/docannexe/image/3987/img-2.png |
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| Titre | Abb. 3. Blick auf die „Anlage am neuen Stadttheater“, rechts das Gebäude der Ansiedlungskommission und die Paulikirche, ca. 1911. |
| Crédits | Quelle: Bernhard Franke (Hg.), Die Residenzstadt Posen und ihre Verwaltung im Jahre 1911, Posen, J. Jolowicz, 1911. |
| URL | http://journals.openedition.org/allemagne/docannexe/image/3987/img-3.png |
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| Titre | Abb. 4. Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen (gez. Stübben), Lageplan zur Gestaltung des Berliner Tors und seiner Bebauung im Zuge der St. Martin-Straße, Entwurfsskizze, 4. September 1904. |
| Légende | Deutlich zu erkennen ist hier, dass ein älteres Planungsstadium für Block XIII des Stadterweiterungsareals (Kaisergarten mit Akademiegebäude, „Städtische Anlagen“) so überarbeitet wurde, dass durch die Straßenverbreiterung eine freie Sicht von der Eisenbahnbrücke auf den Schlossturm ermöglicht wurde. |
| Crédits | Quelle: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, GStA PK, I. HA, Rep. 76 Kultusministerium, Vb Sek. 16, Tit. Nr. 9, Bd. 1. |
| URL | http://journals.openedition.org/allemagne/docannexe/image/3987/img-4.png |
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| Titre | Abb. 5. Königliche Kommission für die Stadterweiterung zu Posen, Entwurfsskizze für die Gestaltung des Platzes vor der Akademie in Posen, 1907 (Ausschnitt). |
| Légende | Der Platz wurde per Vertrag vom Preußischen Staat an die Stadt Posen übertragen. Zu erkennen ist, dass auch das Bismarck-Denkmal und die Glacis-Straße vor der Akademie in ihrer Lage verändert wurden. |
| Crédits | Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Posen, APP, AMP 5111. |
| URL | http://journals.openedition.org/allemagne/docannexe/image/3987/img-5.png |
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| Titre | Abb. 6. Magistrat der Provinzial-Hauptstadt Posen, Schreiben an die Stadtverordneten-Versammlung, 18. April 1907. Hier wird über die Zustimmung der Stadterweiterungskommission zur Verlegung des Bauplatzes für das neue Stadttheater von der Süd- auf die Nordseite der verlängerten Paulikirchstraße berichtet. |
| Crédits | Quelle: Archiwum Państwowe w Poznaniu, Posen, APP, AMP 5111. |
| URL | http://journals.openedition.org/allemagne/docannexe/image/3987/img-6.png |
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Pour citer cet article
Référence papier
Matthias Barelkowski, « Zwischen Villen, Mietskasernen, Parks und Prachtbauten », Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande, 56-1 | 2024, 77-99.
Référence électronique
Matthias Barelkowski, « Zwischen Villen, Mietskasernen, Parks und Prachtbauten », Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande [En ligne], 56-1 | 2024, mis en ligne le 19 juin 2025, consulté le 18 novembre 2025. URL : http://journals.openedition.org/allemagne/3987 ; DOI : https://doi.org/10.4000/11uxg
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