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Einleitung. Antagonistische Geistwesen ? Natur und Funktionen von Engeln und Dämonen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit

David Moos et Pauline Quarroz
Traduction de David Moos
Cet article est une traduction de :
Introduction. Des esprits antagonistes ? Nature(s) et fonctions des anges et des démons aux périodes médiévale et pré-moderne [fr]

Texte intégral

  • 1 F. Buzzetta « Avant-propos », in F. Buzzetta (Hrsg.), Anges et démons d’Orient et d’Occident, Paris (...)
  • 2 S. Duclos, « La chute des anges ou l’histoire du diable dans la littérature testamentaire et la pat (...)
  • 3 F. Buzzetta, « Avant-propos », op. cit., S. 3-4. Über die Präsenz von Geisterwesen im Fernen Osten (...)

1Im Mittelalter sind Engel und Dämonen allgegenwärtig. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich ihre religiösen und weltlichen Darstellungen in verschiedenen Arten von Diskursen – die Heilige Schrift betreffende, philosophische – und kulturellen Werken – Literatur, bildende Kunst, Musik – vervielfachen. Die Gemeinsamkeiten in der Natur dieser « êtres spirituels » rechtfertigt, dass sie im mittelalterlichen Denken zusammen auftreten1. Tatsächlich sind diese Wesenheiten ständig miteinander verbunden und bilden zwei Seiten derselben Medaille, denn Dämonen werden in den biblischen und patristischen Schriften als gefallene Engel definiert2. Die Darstellungen dieser spirituellen Kreaturen reichen weit über das christliche Abendland hinaus ; insbesondere in der islamischen und jüdischen Kultur sind sie vielfach vorzufinden3.

  • 4 In einem der beiden Teile der von Tiziana Suarez-Nani durchgeführten Studie geht es darum, die Beso (...)
  • 5 Man denkt dabei sowohl an die Attribute, die die Engel in der himmlischen Hierarchie auszeichnen (H (...)
  • 6 H. Herkommer, « Sphärenklang… », ibid., S. 205.

2Diese Figuren setzen daher die Existenz einer oder mehrerer Traditionen voraus, die sie geformt haben. Der vorliegende Band möchte die Darstellungen, die Natur und die Funktionen von Engeln und Dämonen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit untersuchen. Das Verständnis ihres Wesens, das sich stark von dem der Menschen unterscheidet4 und polymorphe Erscheinungsformen aufweisen kann, bleibt den Sterblichen jedoch zum Teil verwehrt5. Die Berichte über mystische Visionen, wie diejenige von Hildegard von Bingen, zeugen von dieser Unverständlichkeit6.

  • 7 C. Venner, « Les ailes et la lyre… », op. cit., S. 9, über die Engel. H. Herkommer, « Sphärenklang… (...)
  • 8 I. Rosier-Catach, « La locutio angelica dans la scolastique médiévale », Annuaire de l’École pratiq (...)
  • 9 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, op. cit., S. 11 ; H. Herkommer, « Sphärenklang… », op (...)
  • 10 Zu den bemerkenswertesten gehören T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, ibid. ; Connaissanc (...)
  • 11 H. Herkommer und R. C. Schwinges, « Vorwort », in H. Herkommer und R. C. Schwinges (dir.), Engel, T (...)

3Der schwer fassbare Charakter und die Plastizität dieser Figuren7, die ontologisch unkörperlich sind, aber in der Lage sind, « forme humaine8 » anzunehmen, um mit den Menschen in Kontakt zu treten, erklären das große Interesse, das sie in der heutigen kollektiven Vorstellungswelt9 und bei Fachleuten, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben und weiterhin daran forschen, hervorrufen. In dieser Ansicht sind die Arbeiten, die Tiziana Suarez-Nani in den letzten 20 Jahren in der Philosophie des Mittelalters durchgeführt hat, besonders hervorzuheben10. Zu den neueren Forschungen zählen der 2017 von Flavia Buzzetta publizierte Sammelband Anges et démons d’Orient et d’Occident, sowie die Sammlung literarischer Studien L’entretien du ciel et de la terre. Anges et poésie du Moyen Âge à nos jours (2021), herausgegeben von Alain Génetiot und Camille Venner. Ebenfalls zu erwähnen sind der Sammelband Moines et démons. Autobiographie et individualité au Moyen Âge (viie-xiiie siècle), der 2014 von Dominique Barthélemy und Rolf Grosse zusammengestellt wurde, und Jean-Claude Schmitt Monographie Le cloître des ombres, die 2021 erschienen ist. Diese anregenden Veröffentlichungen sowie die intellektuelle Herausforderung, die die komplexe Natur von Engeln und Dämonen darstellt, waren der Ausgangspunkt des vorliegenden Bandes. Unter den verschiedenen Ansätzen, die es ermöglichen, dieses breite Forschungsfeld abzudecken, ist die Interdisziplinarität ein vielversprechender Weg. Sie ermöglicht es, verschiedenen Facetten der Frage nach dem schwer fassbaren Wesen der spirituellen Kreaturen gleichzeitig nachzugehen. Die hier versammelten Beiträge folgen der Herangehensweise des Sammelbandes Engel, Teufel und Dämonen (2006)11 und sollen den Reichtum und die Vielfalt der Darstellungen spiritueller Kreaturen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit aufzeigen. Aus Gründen der Kohärenz beschränken sich unsere Untersuchungen jedoch auf Werke aus den kulturellen Wiegen der drei Buchreligionen und konzentrierten sich insbesondere auf folgende Fragen : Wie werden spirituelle Wesenheiten definiert und gibt es einen Konsens über bestimmte Merkmale ihres Wesens ? Wie äußern sich diese Merkmale und welche Auswirkung haben sie auf die Funktionen der himmlischen und höllischen Wesen ?

  • 12 Siehe dazu den Artikel von Elisabeth Pinto-Mathieu in diesem Band.
  • 13 Marie de France, Le Purgatoire de saint Patrick, accompagné des autres versions françaises en vers (...)
  • 14 Besonders zu erwähnen ist das Beispiel des Mönchs, der von Dämonen gefangen und fast zu Tode geprüg (...)
  • 15 Siehe dazu den Artikel von Luis Schäfer in diesem Band.
  • 16 S. Duclos, « La chute des anges… », op. cit.
  • 17 J. Baschet, « Satan ou la Majesté maléfique dans les miniatures de la fin du Moyen Âge », in N. Nab (...)
  • 18 Siehe dazu den Artikel von Angèle Tence in diesem Band.

4Um die verschiedenen Rollen, die diese Wesen einnehmen, besser zu verstehen, scheint es angebracht, zunächst auf einige Ambivalenzen in Bezug auf die engelhafte oder dämonische Natur einzugehen. In der mittelalterlichen Volksliteratur finden sich mehrere Zeugnisse dieser Art. La Vie des Pères, eine Sammlung frommer Erzählungen aus dem 13. Jahrhundert, die von der Vita Patrum inspiriert wurde, stellt die Frage nach der (Nicht-)Körperlichkeit von Dämonen mit Vehemenz12. Während die Gefolgsleute des Teufels in diesem Fall eher bösen Gedanken gleichen, erlangen sie in anderen literarischen Werken wie dem Espurgatoire Seinz Patriz von Marie de France eine echte körperliche Dichte. In dieser Nacherzählung des Tractatus de Purgatorio sancti Patricii13 manifestiert sich die Greifbarkeit der Dämonen in den körperlichen Qualen, die der Protagonist Owein im Purgatorium erleidet, wo er physisch angegriffen wird ; mehrere am Ende der Erzählung eingefügte exempla verwischen noch deutlicher die Grenzen zwischen dem a priori nicht greifbarem Höllenreich und der menschlichen Welt14. Heinrich von Neustadts Apollonius von Tyrland ist ein weiteres, wenn auch etwas anderes Beispiel für eine teuflische Intervention in der Diegese. Diese Nachdichtung der antiken Erzählung konfrontiert den gleichnamigen Helden mit neuen Gegnerinnen und Gegnern, die mit dem Teufel in Verbindung gebracht werden. Und mit diesen Umarbeitungen geht offensichtlich eine Erweiterung jener Merkmale einher, die zum Teufel und zum Diabolischen gehören15. Darüber hinaus steht das wandelbare Wesen, das den Teufel und seine Schergen in den obigen Beispielen charakterisiert, in besonderem Einklang mit der Geschichte ihres Ursprungs16. Der Fall Luzifers, der für seine Sünde des Hochmuts verurteilt wurde, und der Engel, die ihm treu ergeben waren, kristallisiert nämlich eine Wesensveränderung heraus. Das « devenir-diable », wie Jérôme Baschet es nennt17, wird in verschiedenen Darstellungen, insbesondere in der Tafelmalerei und in mittelalterlichen Miniaturen, zum Ausdruck gebracht. Diese Werke faszinieren durch die strukturellen, ikonografischen und chromatischen Lösungen, die es ihnen ermöglichen, den Moment der Verwandlung dauerhaft im Bild festzuhalten18. Könnte uns dieses erstaunliche visuelle Paradox nicht dabei helfen, die flüchtige Natur der spirituellen Kreaturen besser zu verstehen ?

  • 19 Siehe dazu den Artikel von Samia Touati in diesem Band.
  • 20 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, op. cit., S. 13-14. In dieser Zeit, so stellt die Exp (...)
  • 21 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, ibid., S. 11-12.
  • 22 Siehe dazu den Artikel von Alexander Eniline in diesem Band.
  • 23 Thomas von Aquins Überlegungen schöpfen vor allem aus den Schriften des Pseudo-Denis Aeropagytos, d (...)
  • 24 Siehe dazu den Artikel von Clarisse Reynard in diesem Band.

5Die himmlischen Wesenheiten zeichnen sich auch durch ihre Subjektivität aus, wie einige Hadithe bezeugen, die die angelologischen Überlegungen im Islam nähren und über die Natur der spirituellen Kreaturen Auskunft geben19. Die christliche Engellehre erlebte in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts einen enormen Aufschwung20, der mit einer Reihe von methodologischen Fragen einherging. Als die himmlischen Kreaturen nicht mehr nur der Theologie vorbehalten waren, sondern eine philosophische Reflexion über ihre Funktion und ihren Platz im Universum stattfand21, wurden zwei Wege eingeschlagen. Lassen sie sich miteinander vereinbaren oder stehen sie sich strikt gegenüber ? Unter den mittelalterlichen Philosophen zeichneten sich verschiedene Haltungen ab, die von der Ablehnung bis hin zum Versuch der Versöhnung reichten22. Thomas von Aquin, der einschlägigste Autor auf diesem Gebiet, bietet eine der wichtigsten Synthesen zu diesem Thema. Seine Werke, die auf einem großen spätantiken und mittelalterlichen Erbe basieren23, ermöglichen es, dass theologische und philosophische Spekulationen nebeneinander existieren. Trotz seines bemerkenswerten Einflusses war Thomas von Aquin auch umstritten. Eine der Fragen in der Summa theologica, die sich mit der Natur des Wissens der Engel befasst, wird im 14. Jahrhundert von Gregor von Rimini diskutiert. Während Ähnlichkeiten oder Unterschiede zwischen engelhaften und menschlichen Fähigkeiten umstritten bleiben, erweist sich dieser Stein des Anstoßes als ergebnisreiches Denkwerkzeug, um bestimmte Parameter des menschlichen Intellekts zu isolieren24.

6Das übermenschliche Wesen der geistigen Kreaturen stellte kein Hindernis dar, sondern scheint das Denken mittelalterlicher Autorinnen und Autoren, Philosophen, Theologen und Maler eher angeregt zu haben. Indem sie die nicht greifbare oder veränderliche Natur von Engeln und Dämonen mit geschickten erzählerischen und ikonografischen Mitteln einfingen, machten die Künstlerinnen und Künstler einige unverständliche Aspekte dieser Wesen wahrnehmbar. Theologie und Philosophie nutzten ihre Bemühungen, die himmlischen Kreaturen zu definieren und in eine Rangordnung zu bringen, um ihre methodologischen Werkzeuge auf die Probe zu stellen. Die Untersuchung der Natur von Engeln und Dämonen und die Klärung ihres Platzes im Universum führt jedoch unweigerlich zu der Frage nach ihrer Handlungsfähigkeit. Der zweite Teil dieses Bandes befasst sich daher insbesondere mit den verschiedenen Funktionen von Dämonen und Engeln.

  • 25 Zu dieser Rolle siehe P. Faure, « L’ange du haut Moyen Âge occidental (ive-ixe siècles) : création (...)
  • 26 Siehe I. Iribarren und M. Lenz (Hrsg.), Angels in Medieval Philosophical Inquiry : Their Function a (...)
  • 27 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, ibid., S. 13.

7Neben der traditionellen Rolle der Engel als Boten25, aus der sich die Pflicht zur Vermittlung ergibt26, und der Rolle der Engel als Motoren des Universums, die in der Angelologie des 13. Jahrhunderts zu verorten ist27, oblagen den spirituellen Wesenheiten viele weitere Funktionen.

  • 28 Für eine detaillierte Analyse der Engel und Dämonen in La Vie des pères siehe den Artikel von Elisa (...)
  • 29 Siehe zu diesem Thema die zahlreichen Beispiele, die zusammengetragen worden sind im Band D. Barthé (...)
  • 30 Insbesondere in den angelsächsischen Heiligenleben finden sich eindrucksvolle Beispiele, wie Michel (...)
  • 31 Der Fall des dämonenbändigenden « Sage Clerc » ist ein archetypisches Modell dafür (siehe den Artik (...)
  • 32 Es gibt eine Fülle von Literatur zu diesem Thema. Besonders zu erwähnen sind : M. de Combarieu, « L (...)
  • 33 Siehe dazu den Artikel von Nolwenn Kerbastard in diesem Band.
  • 34 Für eine detaillierte und vergleichende Analyse der Erzählung siehe P. Bretel, « L’errance pénitent (...)

8In der mittelalterlichen Literatur finden sich Engel und Dämonen als Helfer oder Gegenspieler in didaktischen Erzählungen. La Vie des Pères ist voll von versucherischen Dämonen, die die Laster symbolisieren und die Helden auf die Probe stellen28. Erwähnenswert ist dabei besonders der Teufel in der Erzählung Feuille de Chou, der eine Nonne für ihre Sünde der Völlerei bestraft. Dieses Verhältnis zu bösen Geistwesen spiegelt eine Fragestellung wider, die im scholastischen Denken sehr präsent ist29. Ausserdem legen Satan und seine Helfershelfer in hagiografischen Erzählungen angehenden Heiligen immer wieder Hindernisse in den Weg30. Diese mächtigen und polymorphen Kreaturen sind für die Suche nach dem Heil unerlässlich. Christinnen und Christen müssen die dämonischen Klippen umschiffen, die sie in Versuchung führen wollen, um ein spirituelles Ideal zu erreichen und sich so als Gläubige zu verwirklichen31. Manchmal können die Hauptpersonen dem Ruf der Laster nicht widerstehen und versinken in der Sünde. Theophilus von Adana, der im 13. Jahrhundert von Gautier de Coinci und später von Rutebeuf behandelt wird32, ist ein gutes Beispiel dafür : Der Kleriker, der vom kirchlichen Leben enttäuscht und von Satans Schergen getäuscht wurde, schliesst einen schriftlichen Vertrag mit dem Teufel. Die Seele des Sünders, der inzwischen reuig ist, wird von der Jungfrau Maria gerettet, die in die Hölle fährt, um dort den Pakt aufzulösen und dem Feind eine ordentliche Abreibung zu verpassen. Obwohl die Jungfrau Maria in Lehrgeschichten die Helferin par excellence ist, sind die Engel in Hagiographien und anderen didaktischen Erzählformen nicht minder wichtig33. In der frommen Erzählung Le Chevalier au Barisel wird die Seele des Hauptcharakters, nachdem er Buße getan hat, von Engeln im Stil Rolands in den Himmel gebracht34. Die Engel öffnen dem reuigen Sünder die himmlischen Pforten und werden so zu unverzichtbaren Helfern im Prozess der Buße. Durch ihre jeweiligen Rollen in den Lehrgeschichten verstärken Dämonen und Engeln ihren Antagonismus : Die einen ziehen den Sünder in den Abgrund der Hölle, die anderen heben den bußfertigen Prior in den Himmel. Dieser vertikale Kontrast enthält die zentrale Botschaft dieser Erzählungen : Man muss ein Leben der Buße und des Gebets führen und den Blick zum Himmel richten, anstatt sich den Versuchungen der Welt hinzugeben und so Gefahr zu laufen, im Höllenfeuer des Teufels zu landen.

  • 35 Siehe die Analyse des letzteren von Ignazio Alessi in diesem Band.
  • 36 Dies ist das Thema des Artikels von Pia Schüler in diesem Band. Darüber hinaus stellt C. Venner in (...)
  • 37 Siehe G. Huard, « À propos de “Titivillus” », Bibliothèque de l’École des chartes, 107/1 (1947), S. (...)
  • 38 Tb 11, 7-12, 20.

9Daher ist es nicht verwunderlich, dass spirituelle Kreaturen als anagogische Figuren für die eine oder andere Seite in die Debatte zwischen Gut und Böse einbezogen werden. Besonders die verschiedenen Inszenierungen der Teufelsprozesse des 14. Jahrhunderts legen diese symbolische Rolle der Kreaturen als Repräsentanten für das Gute oder das Böse offen35. Auf diese Weise sind Engel und Dämonen Teil einer Metareflexion über Gerechtigkeit. Mit anderen Worten : Spirituelle Wesenheiten im Mittelalter sind allegorische Werkzeuge, die es ermöglichen, ein Wertesystem auszuarbeiten. Auch können diese Wesenheiten als Verkörperungen des Guten oder des Bösen bildlich auf verschiedene Bereiche des Denkens übertragen werden. In der Literatur findet sich beispielsweise bei Heinrich von Mügeln eine interessante Verbindung zwischen himmlischen Wesen und menschlichem Schaffen, wenn er die Poesie als schöpferischen Akt in Bezug auf die Materialität der Engel reflektiert36. Und um weiterhin beim Schreiben zu bleiben : Wer könnte den Einfluss dämonischer Wesen besser veranschaulichen als Titivillus37, ein Teufelchen, das die Arbeit der Kopisten mit Fehlern übersät und das göttliche Wort entstellt, um die Menschen zu täuschen ? Oder in einem anderen Zusammenhang : gelingt es Tobias etwa nicht, die Blindheit seines Vaters durch das Eingreifen des Erzengels Raphael, dem Symbol der göttlichen Medizin, zu heilen38 ? Sowohl Engel als auch Dämonen fungieren im mittelalterlichen Denken als Allegorien christlicher Werte und Sünden.

  • 39 P. Bachoffner, « Question CXIV (posée par M. Linage Conde), Que sait-on de saint Raphaël comme “méd (...)
  • 40 A. Calvet, « L’alchimie médiévale est-elle une science chrétienne ? », Les Dossiers du Grihl, hors- (...)
  • 41 Zu diesem Thema siehe zwei Artikel von Antoine Calvet : « L’alchimie du Pseudo-Albert le Grand », A (...)
  • 42 Siehe A. Calvet, « L’alchimie médiévale… », ibid., Abs. 15 sqq.
  • 43 Siehe dazu den Artikel von Laura Glöckler in diesem Band.

10Diese Allegorien konkretisieren sich in Praktiken mit einer performativen Dimension. So finden sich in einem medizinischen Manuskript aus dem 11. Jahrhundert – Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des manuscrits, lat. 7028 – zwei Gebete, die um die Fürsprache Raphaels bitten, um die Wirksamkeit von Heilmitteln zu erhöhen39. Dieses Beispiel zeugt von einer starken Tradition magischer Manuskripte voller Beschwörungsformeln, die es dem Nutzer ermöglichen, einen bestimmten Engel oder Dämon zu beschwören. Die seit der Antike beliebte Alchemie steht im Mittelpunkt einiger dieser Praktiken, was christliche Gelehrte wie Albertus Magnus im 13. Jahrhundert dazu veranlasste, sich mit dieser Disziplin als Alternative zur Medizin oder Physik zu beschäftigen40. Albertus nutzt die Alchemie unter anderem, um die Macht der Dämonen bei der potenziellen Transmutation der Dinge zu bewerten41. Obwohl Christentum und Alchemie nebeneinander existieren können, insbesondere ab dem 14. Jahrhundert unter der Führung von Denkern wie Petrus Bonus oder Pseudo-Arnald von Villanova, werden andere okkulte Wissenschaften ab dem späten Mittelalter und vor allem in der Renaissance heftig bekämpft42. Im 16. und 17. Jahrhundert gab es eine enorme Zunahme an Hexenprozessen, und dämonische Anrufungs- und Beschwörungspraktiken dienten oft als Vorwand für die Verurteilung43. Engel und Dämonen sind also nicht nur symbolische Repräsentanten von Lastern und Tugenden, sondern können auch mit Menschen interagieren und werden im Mittelalter und in den nachfolgenden Epochen als reale Kreaturen betrachtet, an die sich jeder im Bedarfsfall wenden kann.

11Die polymorphe Natur und die Vielfalt der Funktionen der Engel und Dämonen beflügelte den Geist der mittelalterlichen Gelehrten und Künstlerinnen. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Darstellungen, die ihre Bedeutung für das Denken des Mittelalters belegen. Die Vorstellungen, die von den spirituellen Wesen hervorgerufen wurden, ermöglichten es, metaphysische Überlegungen allegorisch darzustellen und so dem menschlichen Geist die unantastbaren Geheimnisse des Glaubens zugänglicher zu machen. Der vorliegende Band hat nicht den Anspruch, das weite Feld der Engel und Dämonen innerhalb der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaften vollständig darzustellen. Er soll vielmehr die interdisziplinäre Debatte über diese Entitäten fortsetzen, die für das Verständnis eines solchen Massenphänomens unerlässlich ist, indem es so weit wie möglich in jene soziokulturellen Kontexte eingebettet wird, die dieses Phänomen hervorbringen und ihre Stabilität mit ihm sichern.

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Notes

1 F. Buzzetta « Avant-propos », in F. Buzzetta (Hrsg.), Anges et démons d’Orient et d’Occident, Paris, 2017, S. 4-5 und 8. Im Vorwort des von Hubert Herkommer und Rainer Christoph Schwinges herausgegebenen Sammelbandes werden sowohl Engel als auch Teufel und Dämonen als « Geisterwesen » bezeichnet (Engel, Teufel und Dämonen. Einblicke in die Geisterwelt des Mittelalters, Basel, 2006, S. 7). Tiziana Suarez-Nani für die mittelalterliche Philosophie, Camille Venner für die Dichtung und Jean-Claude Schmitt für die Geschichte thematisieren insbesondere die rein spirituelle Natur der Engel, cf. T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie. Subjectivité et fonction cosmologique des substances séparées à la fin du xiiie siècle, Paris, 2002, S. 11 ; C. Venner, « Les ailes et la lyre. Aspects et enjeux de la présence des anges en poésie », in A. Génitiot und C. Venner (Hrsg.), L’entretien du ciel et de la terre. Anges et poésie du Moyen Âge à nos jours, Paris, 2021, S. 9, 11, 17 und 18 ; J.-C. Schmitt, Le cloître des ombres. Suivi de la traduction française du Livre des révélations de Richalm de Schöntal, in Zusammenarbeit mit Gisèle Besson, Paris, 2021, S. 164-165, 169 und 177.

2 S. Duclos, « La chute des anges ou l’histoire du diable dans la littérature testamentaire et la patristique », Connaissance des religions, 71-72 (2004), S. 117-138.

3 F. Buzzetta, « Avant-propos », op. cit., S. 3-4. Über die Präsenz von Geisterwesen im Fernen Osten siehe D. Meeks et alii (Hrsg.), Génies, anges et démons : Égypte, Babylone, Israël, Islam, peuples altaïques, Inde, Birmanie, Asie du Sud-Est, Tibet, Chine, Paris, 1971.

4 In einem der beiden Teile der von Tiziana Suarez-Nani durchgeführten Studie geht es darum, die Besonderheiten der Engelssubjektivität genauer zu definieren, die sich zumindest in einigen Abhandlungen zur mittelalterlichen Angelologie von der menschlichen Subjektivität unterscheidet, cf. T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, op. cit., S. 12-13 ; siehe auch die Argumentation S. 27-85.

5 Man denkt dabei sowohl an die Attribute, die die Engel in der himmlischen Hierarchie auszeichnen (H. Herkommer, « Sphärenklang und Höllenlärm, Lächeln oder Fratzen. Zur sinnenhaften Wahrnehmung der Geisterwesen », in Engel, Teufel…, op. cit., S. 205-207), und zugleich an die tausend Gesichter des Teufels und der versucherischen Dämonen (W. Metternich, Teufel, Geister und Dämonen. Das Unheimliche in der Kunst des Mittelalters, Darmstadt, 2011, S. 38 und 44).

6 H. Herkommer, « Sphärenklang… », ibid., S. 205.

7 C. Venner, « Les ailes et la lyre… », op. cit., S. 9, über die Engel. H. Herkommer, « Sphärenklang… », ibid., S. 199, über die verschiedenen Reaktualisierungen der Engelsfigur.

8 I. Rosier-Catach, « La locutio angelica dans la scolastique médiévale », Annuaire de l’École pratique des hautes études (EPHE), 124 (2017), S. 277-282, hier S. 277. Die körperlose Natur von Engeln und Dämonen hat im Mittelalter viele Debatten ausgelöst, insbesondere über die locutio angelica und die Art und Weise, wie diese Wesen miteinander kommunizieren, obwohl sie immateriell sind. Siehe insbesondere J.-L. Chrétien, « Le langage des anges selon la scolastique », Critique, 35 (1979), S. 674-689 und La voix nue. Phénoménologie de la promesse, Paris 1990, desselben Autors, sowie I. Rosier-Catach, « Une forme particulière de langage mental, la locutio angelica, selon Gilles de Rome et ses contemporains », in J. Biard (Hrsg.), Le langage mental du Moyen Âge à l’âge classique, Louvain, 1990, S. 60-93, oder auch J. Morsel, « La voix, le corps et la lettre. Ou comment l’ordre social peut aussi être un ordre vocal (dans l’Empire au xiiie siècle) », in La voix au Moyen Âge, Congrès de la SHMESP, Francfort, 2019, Paris, 2020, S. 153-169.

9 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, op. cit., S. 11 ; H. Herkommer, « Sphärenklang… », op. cit., S. 199.

10 Zu den bemerkenswertesten gehören T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, ibid. ; Connaissance et langage des substances séparées selon Thomas d’Aquin et Gilles de Rome, Paris, 2003 ; T. Suarez-Nani et alii (dir.), Les anges et le lieu. Quatre questions sur la localisation des substances séparées. Introduction et traduction française de questions d’Henri de Gand, Mathieu d’Aquasparta, Richard de Mediavilla et Pierre de Jean Olivi, Paris, 2017 ; Artikel « Angélologie », in Dictionnaire de philosophie, Paris, 2002, S. 56-59 ; « I demoni e l’illusione dei sensi nel xiii secolo : Bonaventura e Tommaso d’Aquino », in H. J. Horn (Hrsg.), Jakobstraum. Zur Bedeutung der Zwischenwelt in der Tradition des Platonismus, Sankt Katharinen, 2002, S. 77-94 ; « Tommaso d’Aquino e l’angelologia : ipotesi sul suo significato storico e la sua rilevenza filosofica », in A. Ghisalberti (Hrsg.), Tommaso d’Aquino. Cantieri aperti, Milano, 2006, S. 11-29 ; « Space and movement in medieval Thought : the angelological Shift », in F. Bakker, D. Bellis und C. R. Palmerino (Hrsg.), Space, imagination, and the Cosmos from Antiquity to the early modern Period, Springer, 2018, S. 69-89 ; « Le langage des anges : causalité et secret, présentation et traduction des qq. 26 et 27 du Commentaire de François de la Marche sur le IIe livre des Sentences », in I. Rosier-Catach et A. Robert (éd.), Locutio angelica, Paris, 2019.

11 H. Herkommer und R. C. Schwinges, « Vorwort », in H. Herkommer und R. C. Schwinges (dir.), Engel, Teufel…, op. cit., S. 7.

12 Siehe dazu den Artikel von Elisabeth Pinto-Mathieu in diesem Band.

13 Marie de France, Le Purgatoire de saint Patrick, accompagné des autres versions françaises en vers et du Tractatus de Purgatorio sancti Patricii de H. de Saltrey, zweisprachige Ausgabe, erstellt von M. White-Le Goff, Paris, 2019, S. 10-16 und 127.

14 Besonders zu erwähnen ist das Beispiel des Mönchs, der von Dämonen gefangen und fast zu Tode geprügelt wird, bevor sie ihn blutleer in seine Zelle zurückbringen (Marie de France, Le Purgatoire…, ibid., S. 252-254, V. 2019-2062). Trotz der Affinität der Erzählung zur Visionsliteratur wird mehrfach auf die « körperliche » Natur der Reise und der Leiden hingewiesen, die die Dämonen dem Ritter Owein zufügen, insbesondere bei der ersten Pein (ibid., S. 188-190, V. 887-902), bei den Drängeleien (ibid., S. 204, V. 1069-1075) und vor allem durch die Bekräftigung der physischen Dimension der vom Ritter erlebten Erfahrung (ibid., S. 250, V. 2011-2014). Siehe dazu auch den Kommentar von Miriam White-Le Goff in ihrem Artikel « Les démons sont parmi nous : preuve par la chair et le sang. L’espurgatoire seint Patriz de Marie de France », î K. Ueltschi und M. White-Le Goff (Hrsg.), Les entre-mondes. Les vivants et les morts, Paris, 2009, S. 55-67.

15 Siehe dazu den Artikel von Luis Schäfer in diesem Band.

16 S. Duclos, « La chute des anges… », op. cit.

17 J. Baschet, « Satan ou la Majesté maléfique dans les miniatures de la fin du Moyen Âge », in N. Nabert (Hrsg.), Le mal et le diable : leurs figures à la fin du Moyen Âge, Paris, 1996, S. 193.

18 Siehe dazu den Artikel von Angèle Tence in diesem Band.

19 Siehe dazu den Artikel von Samia Touati in diesem Band.

20 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, op. cit., S. 13-14. In dieser Zeit, so stellt die Expertin fest, begann die Frage nach den Engeln im akademischen Rahmen diskutiert zu werden.

21 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, ibid., S. 11-12.

22 Siehe dazu den Artikel von Alexander Eniline in diesem Band.

23 Thomas von Aquins Überlegungen schöpfen vor allem aus den Schriften des Pseudo-Denis Aeropagytos, des heiligen Augustinus, Avicenna und dem Liber de causis, cf. T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, op. cit., S. 15-24.

24 Siehe dazu den Artikel von Clarisse Reynard in diesem Band.

25 Zu dieser Rolle siehe P. Faure, « L’ange du haut Moyen Âge occidental (ive-ixe siècles) : création ou tradition ? », Médiévales, 15 (1988), S. 32. Außerdem bedeutet etymologisch gesehen « Engel », vom griechischen aggelos, « Bote », cf. C. Venner, « Les ailes et la lyre… », op. cit., S. 8. Man denke auch an das Muster des Engelboten Gabriel, der bei der Verkündigung auftritt (Mt 1, 20, aber vor allem Lk 1, 19 und 1, 26).

26 Siehe I. Iribarren und M. Lenz (Hrsg.), Angels in Medieval Philosophical Inquiry : Their Function and Significance, Aldershot, 2007 ; T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, op. cit., S. 16 ; C. Venner, « Les ailes et la lyre… », op. cit., S. 9.

27 T. Suarez-Nani, Les anges et la philosophie…, ibid., S. 13.

28 Für eine detaillierte Analyse der Engel und Dämonen in La Vie des pères siehe den Artikel von Elisabeth Pinto-Mathieu in diesem Band.

29 Siehe zu diesem Thema die zahlreichen Beispiele, die zusammengetragen worden sind im Band D. Barthélemy et R. Grosse (éd.), Moines et démons. Autobiographie et individualité au Moyen Âge (viie-xiiie siècle), Genève, 2014.

30 Insbesondere in den angelsächsischen Heiligenleben finden sich eindrucksvolle Beispiele, wie Michel-Lucien Belliart in diesem Band nachweist.

31 Der Fall des dämonenbändigenden « Sage Clerc » ist ein archetypisches Modell dafür (siehe den Artikel von Barbara Müller in diesem Band). Zur Entsteheung der Begriffe caro/spiritus und dem Ursprung dieses Gegensatzes im mittelalterlichen Denken siehe A. Guerreau-Jalabert, « Occident médiéval et pensée analogique : le sens de spiritus et caro », in La légitimité implicite, Paris/Rome, 2015, Online [https://books.openedition.org/psorbonne/6603], zuletzt abgerufen am 17.01.2024.

32 Es gibt eine Fülle von Literatur zu diesem Thema. Besonders zu erwähnen sind : M. de Combarieu, « Le diable dans le Comment Theophilus vint a penitance de Gautier de Coinci et dans Le miracle de Théophile de Rutebeuf », in Le diable au Moyen Âge, Aix-en-Provence, 1979 (Senefiance, 6), S. 155-182 ; M. Lazar, « Theophilus : Servant of Two Masters. The Pre-Faustian Theme of Despair and Revolt », Modern Language Notes [MLN], 87 (1972), S. 31-50 ; F. Oudin, « Lettres de Dieu, lettres du Diable : correspondances entre Terre, Ciel et Enfer », Questes, 19 (2010), Abs. 9-13, Online [https://journals.openedition.org/questes/1307], zuletzt abgerufen am 12.10.2022.

33 Siehe dazu den Artikel von Nolwenn Kerbastard in diesem Band.

34 Für eine detaillierte und vergleichende Analyse der Erzählung siehe P. Bretel, « L’errance pénitentielle dans la littérature édifiante du Moyen Âge », in P. Carmignani (Hrsg.), Bouleversants voyages : itinéraires et transformations, Perpignan, 2000, S. 313-326.

35 Siehe die Analyse des letzteren von Ignazio Alessi in diesem Band.

36 Dies ist das Thema des Artikels von Pia Schüler in diesem Band. Darüber hinaus stellt C. Venner in ihrer Einleitung die Frage, ob die Figur des Engels als Operator für das Denken der Poesie dienen kann (« Les ailes et la lyre… », op. cit., S. 14-21).

37 Siehe G. Huard, « À propos de “Titivillus” », Bibliothèque de l’École des chartes, 107/1 (1947), S. 92–94 und J. G. Montañés, Tutivillus. El demonio de las erratas, Madrid, 2015.

38 Tb 11, 7-12, 20.

39 P. Bachoffner, « Question CXIV (posée par M. Linage Conde), Que sait-on de saint Raphaël comme “médecin de Dieu” ? », Revue d’histoire de la pharmacie, 168 (1961), S. 50-51, hier S. 50, und die Arbeiten von Ernest Wickersheimer, die in Bachoffners Artikel zitiert werden.

40 A. Calvet, « L’alchimie médiévale est-elle une science chrétienne ? », Les Dossiers du Grihl, hors-série, n° 3 (Irréligion, libertinage, athéisme), Abs. 15, 2007, Online [https://journals.openedition.org/dossiersgrihl/321], zuletzt abgerufen am 02.09.2022.

41 Zu diesem Thema siehe zwei Artikel von Antoine Calvet : « L’alchimie du Pseudo-Albert le Grand », Archives d’histoire doctrinale et littéraire du Moyen Âge, 79/1 (2012), S. 115-160 und « L’alchimie médiévale… », ibid., Abs. 11 und 14.

42 Siehe A. Calvet, « L’alchimie médiévale… », ibid., Abs. 15 sqq.

43 Siehe dazu den Artikel von Laura Glöckler in diesem Band.

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Pour citer cet article

Référence électronique

David Moos et Pauline Quarroz, « Einleitung. Antagonistische Geistwesen ? Natur und Funktionen von Engeln und Dämonen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit »Bulletin du centre d’études médiévales d’Auxerre | BUCEMA [En ligne], Hors-série n° 14 | 2024, mis en ligne le 31 décembre 2024, consulté le 14 février 2025. URL : http://journals.openedition.org/cem/20898 ; DOI : https://doi.org/10.4000/1346k

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Auteurs

David Moos

Doctorant à l’université de Fribourg

Pauline Quarroz

Doctorante à l’université de Fribourg

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Droits d’auteur

CC-BY-NC-SA-4.0

Le texte seul est utilisable sous licence CC BY-NC-SA 4.0. Les autres éléments (illustrations, fichiers annexes importés) sont « Tous droits réservés », sauf mention contraire.

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